Anzeige

Auch Jungen gegen HPV impfen!

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Um einer Infektion vorzubeugen und so Folgeerkrankungen wie auftretende Genitalwarzen oder gar Karzinome zu verhindern, reicht es nicht aus, dass nur Frauen geimpft werden. Um einer Infektion vorzubeugen und so Folgeerkrankungen wie auftretende Genitalwarzen oder gar Karzinome zu verhindern, reicht es nicht aus, dass nur Frauen geimpft werden. © fotolia/Kateryna_Kon; fotolia/Hayati Kayhan
Anzeige

Rund 1 % der 15- bis 49-Jährigen in Deutschland haben Genitalwarzen und pro Jahr sterben 1500 Frauen an einem Zervixkarzinom. Mit einer Impfquote von 80 % bei beiden Geschlechtern könnte es gelingen, diese HPV-assoziierten Erkrankungen zu eliminieren.

Weltweit ist die häufigste sexuell übertragbare Infektion die mit humanen Papillomviren (HPV). Unter den Folgen dominieren zahlenmäßig die Genitalwarzen. Hierzulande leiden etwa 1 % der Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 49 Jahren an Condylomata acuminata, schreibt Dr. Wolfgang­ Bühmann­, niedergelassener Urologe auf Sylt. Die Kausalität des Virus ist auch für das Zervixkarzinom und die meisten Karzinome von Vagina und Vulva belegt. Gleiches gilt für Analkarzinome beider Geschlechter und für das Peniskarzinom.

Rund 30 HPV-Typen können die genitoanalen Schleimhäute infizieren. Typen mit niedrigem Risiko (z.B. HPV 6 und 11) rufen vor allem Genitalwarzen hervor, während Hochrisikotypen (z.B. HPV 16 und 18) an der Onkogenese beteiligt sind. Zudem können Kopf und Hals betroffen sein: So gehen ein Drittel der oropharyngealen Karzinome und ca. 15 % der Mundschleimhautkarzinome auf das Konto von HPV 16.

Bis zu 80 % der sexuell aktiven Frauen infizieren sich mit humanen Papillomviren. Meist heilt die Infektion innerhalb von 12 bis 18 Monaten aus. In ca. 10 % der Fälle persistiert das Virus, was mit einem erhöhten Risiko für Präneoplasien und Malignome verbunden ist.

Intimrasur kann Condylomata acuminata vermehren

Die Inzidenz vulvärer intraepithelialer Neoplasien hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vervierfacht. Invasive Vulvakarzinome sind um den Faktor 1,5 häufiger, wobei zunehmend jüngere Frauen erkranken. Condylomata acuminata bilden sich vor allem vulvär oder perianal, aber auch an Scheide und Zervix. Durch die Intimrasur können die Genitalwarzen im gesamten Pubesbereich auftreten.

Das am häufigsten durch HPV hervorgerufene Malignom ist das Zervixkarzinom. Trotz chirurgischer Therapieoptionen versterben daran in Deutschland noch etwa 1500 Frauen pro Jahr. Das Vulvakarzinom ist seltener, aber es nimmt zu. Ebenso wie das Vaginalkarzinom kann es unabhängig von einer HPV-Infektion entstehen.

Auch bei Männern können bestimmte HPV-Typen Genitalwarzen verursachen. Diese sind meist symptomlos, aber hochgradig infektiös. Zur Abgrenzung von verrukösen Karzinomen wird bei verzögert abheilenden Läsionen eine histologische Untersuchung empfohlen. Ein Screening auf sexuell übertragbare Erkrankungen (Gonorrhö, Chlamydien, HIV, Lues) ist immer indiziert.

Impfung sorgt für weniger Tumoren

Das Peniskarzinom tritt vor allem bei älteren Männern auf. Das Analkarzinom ist bei Frauen häufiger als bei Männern. Analverkehr ist inzwischen auch in heterosexuellen Partnerschaften kein Tabu mehr. Männer erkranken vor allem, wenn sie Sex mit Männern haben (MSM). Besonders gefährdet sind HIV-Infizierte. Mehr als 90 % der HIV-positiven MSM sind auch mit HPV infiziert. Bei ihnen können sich hochgradige Dysplasien innerhalb kurzer Zeit in invasive Analkarzinome umwandeln.

Auch das HPV-assoziierte Oropharynxkarzinom kann als sexuell übertragbare Erkrankung aufgefasst werden. Immerhin finden sich in Europa bei 20–40 % dieser Tumoren Papillomviren. Die Kausalität konnte inzwischen molekulargenetisch gesichert werden.

Seit 2007 empfiehlt die STIKO die HPV-Impfung für Mädchen zur Prävention des Zervixkarzinoms. Studien in Australien, Dänemark und Deutschland zeigen seitdem einen deutlichen Rückgang an Genitalwarzen-Erkrankungen – bei Frauen wie Männern. Auch ein Rückgang der zervikalen intraepithelialen Neoplasien in Australien belegt den Impferfolg.

STIKO: Jungen zwischen 9 und 14 Jahren vakzinieren

Inzwischen hat sich gezeigt, dass das Wiederauftreten von Dysplasien nach Konisation durch die Impfung verringert werden kann. Die Wirksamkeit bezüglich Condylomata acuminata und analen Karzinomen ist bei Jungen und Männern inzwischen gesichert, woraufhin die Zulassung entsprechend angepasst wurde (s. Kasten).

Herdenimmunität noch weit entfernt

Seit Juni 2018 empfiehlt die STIKO­ die HPV-Impfung für Jungen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren. Die Kosten werden von den Krankenkassen getragen. Dies ist u.a. eine Konsequenz aus der Tatsache, dass sich in Deutschland bisher nur 40 % der Mädchen impfen lassen – zu wenig für den Aufbau einer Herdenimmunität. Dabei könnte man die HPV-assoziierten Erkrankungen ausrotten – ähnlich wie die Pocken, schreibt Dr. Bühmann. Hierfür müsste für beide Geschlechter unabhängig von der sexuellen Orientierung eine Impfquote von 80 % erreicht werden.

Quelle: Bühmann W. Urologe 2018; 57: 1499-1508