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Fruchtbarkeitserhalt bei jungen Krebspatienten: Kassen sollen zahlen

Autor: Cornelia Kolbeck

Mutter werden und Krebs – dies schließt sich bei Maßnahmen zur Fertilitätserhaltung nicht aus. Mutter werden und Krebs – dies schließt sich bei Maßnahmen zur Fertilitätserhaltung nicht aus. © Fotolia/RFBSIP
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Politischer Lobbyismus wird oft kritisch beäugt, doch es gibt auch sehr wichtige positive Einflussnahmen, wie ein aktuelles Beispiel deutlich macht. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs verschafft sich Gehör bei Bundespolitikern.

Die Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat ein Positionspapier zur „Fertilitätserhaltung als präventive Maßnahme bei drohendem Fertilitätsverlust“ vorgelegt. Sie fordert damit vom Bundestag:

  • Die Ergänzung des § 27 SGB V dahin gehend, dass die Bewahrung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit Teil der Krankenbehandlung wird, auf die Versicherte Anspruch haben. Das beinhaltet die Entnahme, Aufbereitung, Kryokonservierung und Lagerung von Keimzellen und Keimgeweben.
  • Der Anspruch sollte für Betroffene ab dem reproduktionsfähigen Alter bestehen. Die spätere Wiederverwendung von Keimzellen und Keimgeweben sollte sich an den Regelungen gemäß § 27a SGB V orientieren (Altersgrenze bei Frauen bis zur Vollendung des 40. und bei Männern bis zum vollendeten 50. Lebensjahr sowie eheliche Partnerschaft als Voraussetzung für eine Inanspruchnahme von Leistungen).
  • Als mögliche Maßnahmen sollen die Konservierung der unbefruchteten Eizelle, die Gewinnung und das Einfrieren von Eierstockgewebe, Verlagerungs­operationen zur Verhütung oder Verminderung von Eierstockschäden bei Bestrahlung sowie das Gewinnen, Aufarbeiten und Einfrieren von Spermien oder die Gewinnung und das Einfrieren von Hodengewebe je nach medizinischer Indikation als Leistung finanziert werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat seine Unterstützung zugesagt. Die FDP hat sogar schon einen Gesetzesentwurf vorgelegt. § 27 Abs. 1 Satz 5 soll demnach lauten:

  • „Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung oder Bewahrung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit einschließlich der Entnahme, Aufbereitung, Kryokonservierung, Lagerung und späteren Wiederverwendung von weiblichen und männlichen Keimzellen und Keimgewebe für eine natürliche oder künstliche Befruchtung, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation oder einer anderen erforderlichen Therapie verlorengegangen war oder gefährdet ist.“

Professor Dr. Mathias Freund, Kuratoriumsvorsitzender der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs, zeigt sich erfreut: „Wir begrüßen es, dass jetzt Bewegung in dieses dringende Problem kommt.“

Das Erhalten der Fertilität ist im Sozialgesetzbuch V bisher nicht ausdrücklich als präventive Maßnahme verankert. Bei jungen Krebspatienten übernehmen die Krankenkassen deshalb in der Regel die Kosten nicht. Die Krankenkassen verweisen einerseits auf fehlende Evidenz zur Refertilisierung. Andererseits wird ebenjener §27a als Begründung herangezogen. Hier ist bisher geregelt, dass nur Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden dürfen und die/der Versicherte das 25. Lebensjahr vollendet haben muss.

Praktisch bedeutet das: Jüngere Erkrankte, die nicht verheiratet sind, ja vielleicht noch nicht einmal geliebt haben, fallen somit durchs Raster. Zudem werden von Kassen, wenn überhaupt, nur 50 % der Kosten übernommen. Wer Glück hat, darf Familienangehörigen oder Freunden dankbar sein, welche die Kosten (mit-)tragen. Allein können die oft erst in den Beruf und ins eigene Leben startenden Patienten den Preis für die Fruchtbarkeitserhaltung nur selten aufbringen. Bis zu 4300 Euro müssen Frauen für die Entnahme und das Einfrieren von Eizellen oder Eierstockgewebe aufwenden, das Gewinnen und Einfrieren von Spermien kostet ca. 500 Euro. Hinzu kommen Lagerungsgebühren von ca. 300 Euro jährlich.

Die „Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs“ macht seit Jahren auf das Problem aufmerksam. Nach Angaben von Prof. Freund stehen jeden Monat mehr als 1000 junge Menschen vor der Frage der Fruchtbarkeitserhaltung.

www.junge-erwachsene-mit-krebs.de