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Morbus Weil: Wann man bei grippalen Beschwerden auch an eine Leptospirose denken sollte

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Übertragen werden die Erreger vor allem durch Rattenurin. Übertragen werden die Erreger vor allem durch Rattenurin. © pixabay
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Es gibt keinen typischen Befund, der eindeutig auf eine Leptospirose hinweist. Bei entsprechender Anamnese, aber vor allem auch bei Patienten aus Mecklenburg-Vorpommern und solchen mit einer Hausratte rückt die Erkrankung in den Fokus.

Ein 23-Jähriger hatte sich in Sri Lanka beim Surfen eine Armverletzung zugezogen. Eine Woche nach seiner Rückkehr entwickelte er Fieber, Kopfschmerzen, Bauchkrämpfe und Inappetenz. Bei der klinischen Untersuchung fielen gerötete Konjunktiven und sonographisch eine Splenomegalie auf. Das Labor zeigte ein stark erhöhtes CRP, gering erhöhte Leber- und Kreatininwerte, eine leichte Thrombozytopenie sowie eine Hyponatriämie.

Um eine Reihe von möglichen Erregern wie Rickettsien, Leptospiren und Typhusbakterien abzudecken, wurde eine Therapie mit Doxycyclin und Ceftriaxon eingeleitet. Eine Alternative wäre eine Therapie mit Azithromycin gewesen, das als Einzelsubstanz gegen alle genannten Erreger wirkt, erklärte Dr. Günther Slesak, Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus Tübingen. Zwei Tage später kam es bei dem jungen Mann plötzlich zu einem akuten Nierenversagen und es trat ein ausgeprägter Ikterus auf. Dies machte die ikterische Verlaufsform der Leptospirose (Morbus Weil) als Ursache sehr wahrscheinlich. Beide Probleme bekamen die Kollegen therapeutisch in den Griff und der Zustand des Patienten besserte sich rasch.

Die Leptospirose kommt überall vor, wo es feucht und heiß ist. Das umfasst keineswegs nur exotische Länder. Nach einer Seroprävalenzstudie aus Baden-Württemberg gibt es die Erkrankung auch in Deutschland, am häufigsten in der Mecklenburgischen Seenplatte in der Spätsommerzeit. Auch Todesfälle wurden hier berichtet.

Jeder zweite Rattenfreund ist seropositiv

Antikörper gegen Leptospiren finden sich in der deutschen Bevölkerung mit einer Häufigkeit von gut 4 %. Unter Personen, die sich eine Hausratte halten, ist hingegen jede zweite seropositiv. Übertragen werden die Erreger vor allem durch Rattenurin, aber auch durch kontaminiertes Wasser, insbesondere bei Überschwemmungen. Die Inkubationszeit liegt bei sieben bis zehn Tagen. Der Nachweis in Blut, Liquor oder Urin gelingt selten.

Der Morbus Weil macht etwa 10 % der Erkrankungen aus. Er verläuft mit Fieber, Ikterus, Hämorrhagien, Nierenversagen, Myokarditis und Lungenödem. Die häufigere anikterische Form der Erkrankung verläuft zweiphasig. In den ersten drei bis sieben Tagen leiden die Patienten aufgrund der Bakteriämie unter Fieber, Kopf-, Muskel- und/oder Wadenschmerzen, eventuell auch unter Bauchschmerzen und Erbrechen. Nicht selten findet man konjunktivale Einblutungen. Die zweite Phase mit Meningitis, Uveitis und Exanthem spiegelt die Immunreaktion wider.