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Multiple Sklerose: Genetisch Vorbelastete von inhalativen Noxen fernhalten

Autor: Dr. Judith Lorenz

Lacke haben je nach Anwendung einen Lösungsmittelanteil von 3 bis 65 %. Lacke haben je nach Anwendung einen Lösungsmittelanteil von 3 bis 65 %. © fotolia/seventyfour
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Wer regelmäßig in Kontakt mit organischen Lösungsmitteln kommt, hat ein höheres Risiko, an Multipler Sklerose zu erkranken. Besonders stark gefährdet sind Personen mit genetischer Prädisposition.

Bei der Pathogenese der Multiplen Sklerose (MS) spielen sowohl die genetische Prädisposition als auch Umwelteinflüsse eine Rolle, berichten Dr. Anna Karin Hedström vom Department of Clinical Neuroscience und Institute of Environmental Medicine am Karolinska Institute in Stockholm und ihre Kollegen. Sie sind der Frage nachgegangen, ob auch die Exposition gegenüber organischen Lösungsmitteln – wie Alkohole, Carbonsäureester, Ether, Ketone, Alkane und Kohlenwasserstoffe – das Erkrankungsrisiko erhöht.

Expositionsdauer korreliert mit dem Erkrankungsrisiko

Das Studienkollektiv bildeten 2042 MS-Patienten sowie 2947 gesunde Kontrollen. Alle Probanden waren unter anderem zu ihrem Rauchverhalten sowie zu einer möglichen beruflichen Exposition gegenüber organischen Lösungsmitteln, Farben und Lacken befragt worden. Ferner erfolgte eine Genotypisierung auf das MS-Risikoallel HLA-DRB1*15 sowie das protektive Allel HLA-A*02.

Das Ergebnis: Bei Kontakt mit organischen Lösungsmitteln nahm das allgemeine Risiko für die ZNS-Erkrankung um den Faktor 1,5 zu. Zudem bestand ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Expositionsdauer und der Erkrankungswahrscheinlichkeit. Das höchste Risiko hatten gegenüber den Chemikalien exponierte Raucher, die zusätzlich Träger des MS-Risikoallels, nicht jedoch des protektiven Allels waren: In diesem Kollektiv beobachteten die Wissenschaftler eine um das 30-Fache erhöhte MS-Wahrscheinlichkeit.

Sowohl bei Rauchern als auch bei Nichtrauchern besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen Lösungsmittelexposition, genetischer Ausstattung und Erkrankungsrisiko, schließen die Forscher.

Pulmonale Immunreaktion triggert Nervenentzündung

Ihre Hypothese: Bei genetisch vorbelasteten Personen induzieren inhalative Noxen pulmonale Immunreaktionen gegen modifizierte Autoantigene bzw. gegen potenziell autoaggressive Zellen, die ihrerseits neuroinflammatorische Prozesse triggern und somit letztlich zur Erkrankung führen.

Quelle: Hedström AK et al. Neurology 2018; 91: e455-e462