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Streit um Inklusionshilfen für Kinder mit Typ-1-Diabetes

Autor: Cornelia Kolbeck

Wer ist für allgemeine Beobachtungsleistungen bei Individualbegleitung zuständig? Der Streit ums Geld wird auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. Wer ist für allgemeine Beobachtungsleistungen bei Individualbegleitung zuständig? Der Streit ums Geld wird auf dem Rücken der Kinder ausgetragen. © iStock/noipornpan
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Laut Gesetz haben Kinder mit Diabetes Typ 1 Anspruch auf Inklusionshilfen. Dieses Recht durchzusetzen ist praktisch nicht immer leicht.

Matthias Meyer, Rechtsanwälte Meyer und Mühlen, vertritt seit über 15 Jahren regelmäßig die Rechte von an Diabetes mellitus erkrankten Kindern, auch bezüglich der Schulbegleitung. Er betonte, dass die von 160 Staaten unterzeichnete UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) zu einem Paradigmenwechsel geführt hat, von der Integration zur Inklusion, und das dies auch im Wesentlichen per Bundesteilhabegesetz in nationales Recht umgesetzt wurde. Die Ablehnung des konkreten Anspruchs eines Kindes mit Behinderungen auf den Besuch einer Regelschule stelle sich damit als Verletzung des Diskriminierungsverbotes dar.

Allerdings seien die Bemühungen der Bundesländer bei Umsetzung der BRK unterschiedlich weit fortgeschritten. Der Jurist aus Itzehoe nannte beispielhaft Probleme bei der Individualbegleitung. Während von den Krankenkassen zu bezahlende medizinische Leistungen, u.a. die kontinuierliche und zuverlässige Stoffwechselüberwachung/Insulingabe durch den Pflegedienst, in der Regel genehmigt werden, ist die Zuständigkeit für allgemeine Beobachtungsleistungen zur Eingliederungshilfe oft strittig. „Der Anspruch ist somit nicht streitig, aber auf dem Rücken der Kinder wird ausgetragen, wer es bezahlen soll“, so Meyer. Probleme gebe es manchmal auch, wenn die Hortbetreuung in einer Ganztagsschule durch einen privaten Verein angeboten wird, denn laut Gesetz ist für die Teilhabe eine „angemessene“ Schulbildung Voraussetzung. Erst 2020 wird der Bereich der Schulbildung auf offene Ganztagsangebote erweitert.

Rufen Sie beim Bearbeiter an, oft gibt es nur Informationsdefizite

Auf die Nachfrage eines Zuhörers, was zu tun sei, wenn ein Antrag auf Schulbegleitung ewig nicht bearbeitet wird, riet der Jurist: „Lassen Sie sich nicht wegschicken, ziehen Sie den Antrag nicht zurück und stellen Sie ihn nicht neu.“ Wer Probleme mit der Genehmigung von Inklusionsleistungen habe, solle bei der zuständigen Stelle anrufen. Nicht selten seien Informationsdefizite die Ursache oder auch die Angst des Bearbeiters vor einem Regress. Man könne auch eine Sachbearbeiterebene höher gehen oder eine Vorstandsbeschwerde einreichen. Im Eilverfahren ließen sich Genehmigungen zur Schulbegleitung zwar auch in vier bis sechs Wochen durchsetzen, aber bis zum Hauptsacheverfahren dauere es dann meist Jahre.

„Ist es vielleicht besser, den Typ-1-Diabetes des Kindes beim Schulantrag zu verschweigen?“, fragte ein anderer. „Keinesfalls, immer offenlegen“, so Meyer. „Sprechen Sie notfalls die theoretische Möglichkeit an, kommunale Aufsichtsbehörden oder die Medien einzuschalten.“

Quelle: Diabetes Kongress 2019