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Typ-1-Diabetes: Hohes Manifestationsalter ist Risikofaktor für weitere Autoimmunkrankheiten

Autor: Ulrike Viegener

Mehr als ein Viertel der untersuchten Typ-1-Diabetespatienten zeigte eine zusätzliche Schilddrüsenfunktionsstörung. Mehr als ein Viertel der untersuchten Typ-1-Diabetespatienten zeigte eine zusätzliche Schilddrüsenfunktionsstörung. © iStock.com/AndreyPopov
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In einer US-Studie wurde die Frage untersucht, ob sich Subgruppen von Menschen mit Typ-1-Diabetes identifizieren lassen, die ein besonders ausgeprägtes Risiko für weitere Autoimmunerkrankungen tragen. Das in dieser Studie weit gefasste Altersspektrum reichte von 19–96 Jahren.

Bisherige Studien haben das Phänomen autoimmuner Begleiterkrankungen in erster Linie bei jüngeren Typ-1-Diabetespatienten erforscht. Vor dem Hintergrund, dass zunehmend Typ-1-Manifestationen im Erwachsenenalter beobachtet werden, wurde das Altersspektrum in der aktuellen Studie erweitert und das Manifestationsalter als ein möglicher Risikofaktor für autoimmune Komorbidität ins Auge gefasst.

Geschlecht und Alter als potenzielle Riskofaktoren

Andere Kandidaten, die als potenzielle Risikofaktoren überprüft wurden, waren Geschlecht, Alter sowie Dauer des Typ-1-Diabetes. Ebenfalls im Unterschied zu früheren Studien wurde das gesamte Spektrum organspezifischer und systemischer Autoimmunerkrankungen berücksichtigt. Zur Auswertung kamen die Daten von 1212 Menschen mit Typ-1-Dia­betes, die im Zeitraum zwischen 2011 und 2018 das Washington University Diabetes Center konsultiert hatten. Das mittlere Alter der Patienten betrug 46,8 Jahre, die Mehrzahl der Patienten war zum Zeitpunkt der Datenerhebung über 30 Jahre alt. Der Typ-1-Diabetes war in einem Alter von im Mittel 21,2 Jahren diagnostiziert worden.

425 der Studienteilnehmer (35,1 %) litten an mindestens einer weiteren Autoimmunstörung. Bei weitem am häufigsten kamen Autoimmunkrankheiten der Schilddrüse vor: 22 % der erfassten Typ-1-Dia­betespatienten litten an einer Hypothyreose und 5 % an einer Hyperthyreose. Die Inzidenz der perniziösen Anämie lag bei 4,5 %. Eine rheumatoide Arthritis wurde in 2,8 % und eine Psoriasis in 2,1 % der Fälle gesehen. In der Regel brachen die genannten Autoimmunkrankheiten später als der Typ-1-Diabetes aus, wobei Zeiträume von zehn Jahren und mehr dazwischen lagen.

Eine eigene Entität?

Das Studienautorenteam stellt in der Diskussion ihrer Ergebnisse die interessante Frage, ob möglicherweise der Typ-1-Diabetes eine ursächliche Rolle bei der Entstehung der vergesellschafteten Autoimmunstörungen spielt. Das werde nahegelegt durch die typische Abfolge sowie durch die Abhängigkeit der Begleit- bzw. Folgeerkrankungen von Manifestationsalter und Dauer des Diabetes. Es könnte sein, dass der erst im Erwachsenenalter auftretende Typ-1-Diabetes eine eigene Krankheitsentität darstelle, die sich immunologisch vom klassischen Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen unterscheidet. Nach diesem Denkmodell würde der „erwachsene Typ-1-Diabetes“ den immunologischen Phänotyp verändern und wäre eine Art Trigger für weitere Autoimmunkrankheiten.

Gezielt nach weiteren Autoimmunstörungen suchen

Erwartungsgemäß stieg die Inzidenz autoimmuner Begleiterkrankungen mit dem Alter an. Frauen waren deutlich häufiger betroffen als Männer, wobei auch das Risiko multipler Komorbiditäten erhöht war. Verschiedene Autoimmunerkrankungen dominierten beim weiblichen Geschlecht, während männliche Geschlechtspräferenzen nicht zu finden waren. Ein hohes Manifestationsalter des Typ-1-Diabetes erwies sich ebenfalls als maßgeblicher Risikofaktor für das Auftreten weiterer Autoimmunerkrankungen. Bei einem Manifestationsalter jenseits des 30. Lebensjahres betrug die Odds Ratio 2,13. Und auch die Dauer des Typ-1-Diabetes war positiv mit der Inzidenz weiterer Autoimmunkrankheiten korreliert. Ihre Studie, so die Autoren, lasse es sinnvoll erscheinen, speziell bei Typ-1-Diabetespatienten mit hohem Manifestationsalter gezielt nach weiteren Autoimmunerkrankungen Ausschau zu halten.

Quelle: Hughes JW et al. Diabetes Care 2018; online first