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Typ-1-Diabetes: Manifestation im jungen Kindesalter kostet besonders viele Lebensjahre

Autor: Dr. Andrea Wülker

Je früher ein Mensch an Typ-1-Diabetes erkrankt, desto schlechter steht es um die Prognose. Je früher ein Mensch an Typ-1-Diabetes erkrankt, desto schlechter steht es um die Prognose. © iStock/majivecka
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Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Alter bei Erkrankungsbeginn und den kardio­vaskulären Outcomes bzw. der Übersterblichkeit von Typ-1-Diabetespatienten? Dieser Frage ging ein schwedisches Forscherteam in einer landesweiten registerbasierten Kohortenstudie nach.

Für die Studie werteten Dr. Araz Rawshani von der Universität Göteburg und seine Kollegen die Daten von über 27 000 Menschen mit Typ-1-Diabetes und mehr als 135 000 gematchten Kontrollpersonen aus. Die Diabetespatienten wurden – je nach Alter bei der Diagnosestellung – in fünf Gruppen eingeteilt:

  • 0–10 Jahre,
  • 11–15 Jahre,
  • 16–20 Jahre,
  • 21–25 Jahre und
  • 26–30 Jahre.

Während der zehnjährigen Nachbeobachtungszeit verstarben 959 Dia­betespatienten und 1501 Kon­trollpersonen. Die schwedischen Wissenschaftler fanden eine inverse Assoziation zwischen dem Alter bei Diabetesmanifestation und dem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen bzw. Mortalität – und zwar und abhängig von der Diabetesdauer.

Vor allem das Herz ist bei früher Manifestation gefährdet

Patienten, die vor dem 11. Geburtstag einen Typ-1-Diabetes entwickelt hatten, wiesen im Vergleich zu den gematchten Kontrollpersonen ein mehr als 30-fach erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheit und akuten Myokardinfarkt auf. Frauen, die bis zu einem Alter von 10 Jahren an einem Typ-1-Diabetes erkrankt waren, hatten sogar ein fast 60-fach erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheit und ein mehr als 90-fach erhöhtes Risiko für akuten Herzinfarkt.

Beim Vergleich von Typ-1-Diabetes­patienten mit frühem Krankheitsbeginn (0–10 Jahre) mit solchen, die eher spät erkrankt waren (im Alter von 26–30 Jahren), stellte sich heraus, dass das Risiko für koronare Herzkrankheit und akuten Myokardinfarkt bei einem Early-onset-Diabetes etwa sechsfach erhöht war.

Das Risiko lässt sich reduzieren!

Die Ergebnisse der schwedischen Studie sprechen dafür, das kardiovaskuläre Risiko von Patienten, die bereits als Kind an Typ-1-Diabetes erkrankt sind, besonders gut im Blick zu behalten. Denn es gibt bekanntlich effektive Mittel und Wege, das Risiko koronarer Ereignisse zu reduzieren: z.B. Statine, blutdrucksenkende Medikamente, Insulinpumpen und kontinuierliche Glukosemessung. Wenn Patienten mit einer frühen Manifestation eines Typ-1-Diabetes etwa 30 bis 40 Jahre alt, sind empfiehlt es sich, Parameter wie Blutdruck, Cholesterin und Glykämie besonders sorgfältig zu überwachen und bei Bedarf konsequent zu behandeln. Studien zeigen jedoch, dass nur etwa 10 bis 20 % der Menschen mit Typ-1-Diabetes im Alter von 40 Jahren Statine erhalten. Das sollte sich ändern! Ebenso sollte eine bessere glykämische Kontrolle angestrebt und Rauchern eine Nikotinentwöhnung angeboten werden, fordern die Studienautoren.

Für Frauen reduziert sich die Lebenserwartung deutlich

Zwar waren die absoluten Risiken in dieser Kohorte gering, doch schätzten die Studienautoren, dass die Manifestation eines Typ-1-Diabetes vor dem 11. Geburtstag bei Frauen mit einem Verlust von 17,7 Lebensjahren und bei Männern mit einem Verlust von 14,2 Lebensjahren einherging. Manifestierte sich die Zuckerkrankheit zu einem späteren Zeitpunkt, führte das zu einer Einbuße von etwa zehn Lebensjahren.

Kardioprotektive Medikamente deutlich früher einsetzen

Das Alter bei Erkrankungsbeginn ist bei Menschen mit Typ-1-Diabetes offensichtlich eine wichtige Determinante für kardiovaskuläre Erkrankungen und für das Überleben. Daher sollten bei einem Early-onset-Diabetes früher kardioprotektive Medikamente angeboten werden als derzeit üblich, fordern die schwedischen Experten.

Quelle: Rawshani A et al. Lancet 2018; 392: 477-486