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KV-Servicenummer 116117 soll die Versorgung sicherstellen

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Wenn Elfen helfen: Damit die Rufnummer 116117 richtig gesprochen wird und im Gedächtnis hängen bleibt, werben zwei „Elfen“ dafür. Wenn Elfen helfen: Damit die Rufnummer 116117 richtig gesprochen wird und im Gedächtnis hängen bleibt, werben zwei „Elfen“ dafür. © KBV
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Im Januar 2020 ist es so weit: Die Servicenummer 116117 wird bundesweit die mehr als 1000 verschiedenen Nummern regionaler KV-Bereitschaftsdienste ablösen. Die Eins-eins-sechs Eins-eins-sieben wird dann so ausgesprochen: „Elfsechs-Elfsieben“ – fürs bessere Merken.

Viele Kassenärztliche Vereinigungen haben bereits auf die 116117 umgestellt, worüber vorerst allerdings nur der ärztliche Bereitschaftsdienst der KV erreichbar ist. Die bundesweite Pflicht für die 116117 ist im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) verankert. Ziel ist: Die Bürger sollen nicht mehr ungesteuert Rettungsstellen überfluten, sondern je nach Versorgungsbedarf gezielt weitergeleitet werden. Auch im Web ist die 116117 verfügbar.

Adressaten sind jene Versicherte, die außerhalb der Praxiszeiten starke Beschwerden haben und akut Hilfe suchen. Über die 116117 bekommen sie künftig eine Anlaufstelle genannt, erklärt KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. Genutzt wird dazu die Software zum medizinischen Ersteinschätzungsverfahren (SmED).

Muss ein Anrufer in die Notaufnahme eines Krankenhauses oder braucht er gar den Rettungsdienst, wird das direkt organisiert, z.B. mit dem (zukünftig digital voll integrierten) Rettungsdienst der Feuerwehr. „Diejenigen Patienten, deren Versorgung nicht der Infrastruktur eines Krankenhauses bedarf, sollen jedoch schnell und unkompliziert in die vertragsärztliche Regelversorgung weitergeleitet werden“, erläutert Dr. Gassen. Angeboten wird hier die Bereitschaftspraxis oder der Hausbesuchsdienst. Möglich ist auch eine Terminvergabe über die Terminservicestellen (TSS).

Jährlich fast acht Millionen Anrufe – bis 6000 pro Stunde

Zurzeit rufen laut KBV jährlich fast acht Millionen Menschen die 116117 an. In den Hochzeiten sind es 6000 Anrufe pro Stunde. Wenn die Nummer künftig täglich 24 Stunden erreichbar ist, werde das Aufkommen deutlich steigen, heißt es.

Mit zeitweisen Wartezeiten wird gerechnet. Die KVen sind jedoch dabei, ihre Telefonzentralen personell massiv aufzustocken. Zudem laufen Gespräche mit den Rettungsstellen der Landkreise, um einheitliche Schnittstellen zu schaffen. Damit soll u.a. garantiert werden, dass sich Patientendaten an die nächste Versorgungseinheit automatisch weiterleiten lassen.

Dass ab Januar auch eine 116117-App über die App-Stores für Smartphone-Nutzer verfügbar sein wird, soll helfen, Engpässe zu vermeiden. Online können die Nutzer prüfen, ob ihre ärztliche Versorgung „sofort“, „heute“ oder „bald“ erfolgen sollte. SmED und TSS sind hier einbezogen.

Der Sicherstellungsauftrag könnte an die Länder gehen

Eine im ländlichen Brandenburg für Journalisten geplante Präsentation endete allerdings erfolglos, da vor Ort – wie nicht selten in Deutschland – keine Internetverbindung vorhanden war. Probleme könnte es somit auch für die 116117-Anwahl per Mobiltelefon geben. Es bleibt für Anrufe dann das Festnetztelefon.

Bisher liegt der Sicherstellungsauftrag auch für die sprechstundenfreien Zeiten bei den KVen. Das betrifft die Wochenenden sowie werktags die Zeit von 18 bis 8 Uhr des Folgetages. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat jetzt allerdings den „Diskussionsentwurf“ eines Gesetzes zur Notfallreform vorgelegt, der den Sicherstellungsauftrag beschneiden könnte.

Das sorgt unter Ärztevertretern für Verwirrung. Eigentlich wird erwartet, dass mit dem Notfallgesetz das TSVG präzisiert wird und nicht Regelungen auf den Weg gebracht werden, die konträr zum TSVG wirken. Besonders ein Passus erregt die Gemüter. Demnach soll der Sicherstellungsauftrag zu den sprechstundenfreien Zeiten von den KVen an die Länder übertragen werden. Konkret ist vorgesehen, dass Gemeinsame Notfallleitstellen (GNL) die Notfallversorgung (per 116117 und 112) übernehmen.

Diese GNL sollen von den Ländern unter Beteiligung der KVen geschaffen werden. „Das käme einem Dominoeffekt gleich, der die gesamte ambulante Versorgung durcheinanderwirbeln könnte“, warnt der NAV-Virchow-Bund. Die Länder müssten u.a. eigene Ärzte beschäftigen, um die Lücke zu füllen, heißt es. Aus der Vertragsärzteschaft wären dazu sicherlich nur wenige bereit, und wenn, dann zu einem deutlich höheren Honorar als bislang.

Bei den Niedergelassenen werden „die Korken fliegen“

Die KBV-Führung argumentiert in dieselbe Richtung und verweist ihrerseits auf fehlende Ärzte, aber auch auf bereits bestehende 790 Bereitschaftsdienstpraxen. Dr. Gassen bezeichnet die BMG-Überlegungen als „Spiel mit dem Feuer“ und fordert eine Klarstellung. Er kann sich allerdings vorstellen, dass mit so einer Gesetzesentscheidung bei den Niedergelassenen „die Korken fliegen“. Schließlich gehört der Bereitschaftsdienst nicht zu den Lieblingsaufgaben der Praxisärzte.

Dass es soweit kommt, darf aber bezweifelt werden. Laut KBV-Vize Dr. ­Stephan Hof­meis­ter wurden von den KVen bereits ca. 300 Mio. Euro in die Reform der ambulanten Notfallversorgung investiert. Dieses Geld wäre dann verpufft. Allerdings scheinen die Länder an einer Übernahme des Sicherstellungsauftrages wenig interessiert zu sein. Die Hamburger SPD-Gesundheitssenatorin soll sich bereits dagegen ausgesprochen haben.

Quelle: KBV-Presseseminar

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