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Live-Schaltung zwischen Pflegeheim und Praxis ersetzt Besuche

e-Health , Telemedizin Autor: Ruth Bahners

Schaut der Arzt nach der Sprechstunde bei kritischen Patienten per Internet vorbei, darf er auf eine ruhige Nacht hoffen. Schaut der Arzt nach der Sprechstunde bei kritischen Patienten per Internet vorbei, darf er auf eine ruhige Nacht hoffen. © fotolia/Photographee.eu
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Elektronische Arztvisite statt Hausbesuch. Nach erfolgreichem Testlauf geht "elVi" jetzt in die Fläche. Die KV Westfalen-Lippe hat dazu mit der AOK Nordwest einen Vertrag für die Betreuung in Pflegeheimen abgeschlossen.

Die Ärzte des Ärztenetzes Medizin und Mehr (MuM) in Bünde nutzen die elektronische Visite bereits seit 2015. 15 Praxen führten mit 13 Alten- und Pflegeheimen in einem Feldverssuch mehr als 600 elektronische Visiten durch. "Mit vollem Erfolg", so das Fazit von Dr. Hans-Jürgen Beckmann, einem der Väter von elVi und MuM-Vorsitzender.

Viele Hausbesuche würden durch elVi unnötig, sagt Dr. Beckmann. Vor deren Einsatz mussten z.B. Patienten aufwendig und teuer mit dem Rettungswagen samt Begleitpersonal in die Praxis gebracht werden. Dank der elektronischen Visite können viele Praxisbesuche entfallen. Auch Nachteinsätze ließen sich vermeiden, etwa dadurch, dass der Kollege am Ende der Sprechstunde bei kritischen Patienten noch mal "nachgucke", wie es ihnen gehe.

Feldversuch ist gelungen, weitere Praxisnetze folgen

So funktioniert elVi: Die verantwortliche Pflegekraft tritt mit dem behandelnden Arzt über ein webbasiertes Videokonferenzsystem per Tablet oder PC in Kontakt. Und zwar dann, wenn eine elektronische Visite notwendig erscheint, um Unklarheiten, Medikationsfragen, Beurteilungen chronischer Wunden oder Therapievorschläge zu besprechen. Dabei gibt es eine Live-Schaltung zwischen der Arztpraxis und der stationären Einrichtung. Bei Bedarf können auch Vitalparameter wie Herzrhythmus, Sauerstoffspannung, Körpertemperatur oder Blutzucker­gehalt des Patienten in Echtzeit übermittelt werden.

Der Feldversuch in Bünde war so erfolgreich, dass die KV zusammen mit der AOK dieses Angebot auf weitere Regionen ausdehnen will. Gestützt auf Ärztenetze in den Regionen Münster, Unna, Detmold, Marl und Bünde soll elVi dort angeboten werden. "Diese Praxisnetze kooperieren zum Teil seit über drei Jahren mit den regionalen Pflegeheimen und bieten eine gute Basis für ein Rollout des Projektes", sagt KV-Vorstand Thomas Müller. elVi habe bewiesen, dass telemedizinische Anwendungen Ärzte bei ihrer Arbeit entlasten können – und das bei gleichbleibend hoher Qualität.

AOK-Chef Tom Ackermann lobt: Die Erfahrungen in Bünde zeigten, dass sich mit elVi die Krankenhauseinweisungen in der Nacht oder am Wochenende reduzieren lassen. Zudem könne die Zahl nicht zwingend erforderlicher Arztbesuche deutlich verringert werden.

Laut Müller wird jede Visite mit 15 Euro plus fünf Euro Zuschlag für die Technik extrabudgetär vergütet. Beim Einsatz in der Nacht oder an Feiertagen werden es rund 66 Euro pro Einsatz. Der Bereitschaftsdienst zur Unzeit ist Teil des Pflegeheimvertrages. Durch elVi können Fahrtzeiten entfallen, so Dr. Beckmann.

Angebot soll nicht nur AOK-Versicherte erreichen

Die elektronische Visite sei mit der ärztlichen Berufsordnung – insbesondere dem Fernbehandlungsverbot – konform, da ja ein direkter Erstkontakt vorausgegangen sei, sagt Ackermann. Dennoch sieht der AOK-Chef Änderungsbedarf in der Berufsordnung, um digitale Versorgungsangebote voranzubringen. "Die Teilnahme weiterer Krankenkassen ist ausdrücklich erwünscht", ergänzt Müller. Erste Gespräche wurden geführt. Das Projekt soll möglichst flächendeckend den Versicherten angeboten werden.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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