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Krebskranken droht Armut: Bei beruflicher Wiedereingliederung liegt noch viel im Argen

Praxismanagement , Patientenmanagement Autor: Manuela Arand

Krebs heißt oft Frührente und häufig auch Geldsorgen.
Krebs heißt oft Frührente und häufig auch Geldsorgen. © iStock.com/stroblowski
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Mit der Krebserkrankung beginnt für Patienten der wirtschaftliche, nicht selten auch der soziale Abstieg. Vor allem junge Menschen trifft das hart. Um dies zu verhindern, müssen Mediziner, Arbeitgeber und soziale Träger an einem Strang ziehen.

Bei Menschen im „erwerbsfähigen Alter“ zwischen 25 und 64 Jahren ereignen sich jährlich rund 165 000 maligne Neuerkrankungen. Damit verbunden ist ein hohes Risiko für Arbeitslosigkeit, Frühberentung und Armut, erklärte Rainer Göbel, Leukämie- und Lymphom-Selbsthilfe Berlin. Jeder dritte Betroffene kehrt später nicht wieder in den Beruf zurück.

Zurück ins Arbeitsleben nach Krebs …

… heißt eine Workshopreihe der Berliner Beratungseinrichtung KOBRA und des Vereins Leben nach Krebs. In je fünf Workshops werden Themen wie Berufsziele nach der Erkrankung, Wiedereingliederungsmöglichkeiten und Umgang mit reduzierter Belastbarkeit behandelt. Jeder Workshop kann einzeln gebucht werden, die Teilnahmegebühr beträgt 10 € bzw. 50 € für das Gesamtprogramm. Die nächsten Workshops starten im März 2019. Informationen unter: www.kobra-berlin.de

Denn anders als viele Laien glauben, ist mit Therapieende und möglicher Heilung für die Patienten keineswegs alles überstanden. Viele klagen über eingeschränkte Leis­tungsfähigkeit und Fatigue, sind dünnhäutiger und weniger belastbar als zuvor. Hinzu kommen Langzeitschäden durch Tumor und Therapie sowie das Damoklesschwert des (Spät-)Rezidivs. Arbeitgeber und Mitarbeiter wissen häufig nicht, wie sie mit dem kranken Kollegen umgehen sollen. Daran ändern auch Maßnahmen zum Eingliederungsmanagement nichts, die nach Erfahrung von Göbel „oft mehr Hemmschuh als Helfer“ sind.

Teilerwerbsminderungsrente wird selten genutzt

Insgesamt gibt es diesbezüglich zu wenig Unterstützungsmöglichkeiten und Informationen, vor allem für jüngere Patienten, so der Referent. Das Hamburger Modell* kann hilfreich sein, ist aber laut Göbel zu unflexibel. Ein Knackpunkt ist, dass es nur greift, wenn Betroffene binnen 18 Monaten wieder in den Beruf einsteigen. Gerade bei Krebserkrankungen, die zunehmend zu chronischen Leiden werden, dauern Therapie und Rehabilitation oft deutlich länger. „Es ist verschwendetes Potenzial, wenn man diese Menschen nicht wieder arbeiten lässt.“ Er kritisierte außerdem, dass gesetzliche Krankenversicherungen immer häufiger versuchen, Patienten in die Frührente abzudrängen. Sie machen sich dabei zunutze, dass laut § 116 SGB VI der Antrag auf Rehabilitationsleistungen unter bestimmten Bedingungen als Rentenantrag gilt. Dass stattdessen auch eine Teilerwerbsminderungsrente beantragt werden kann, wissen viele der Betroffenen nicht. Deshalb wird diese Möglichkeit selten genutzt und seitens der Rentenversicherung häufig restriktiv gehandhabt. Jüngere Patienten, die noch keinen Rentenanspruch erworben haben, fallen auch hier hinten runter. Abschließend formulierte Göbel Verbesserungsansätze, die zwar das Problem nicht endgültig lösen werden, Betroffenen aber wichtige Hilfe leisten könnten:
  • Frühe Beratung und Betreuung für die berufliche Zukunft
  • Information und Betreuung durch Soziallotsen schaffen
  • Hochwertige Teilzeit- und Minijobs, um Erfahrung und Qualifikation zu bewahren
  • Bessere Unterstützung von Arbeitgebern
  • Auffang- und Vermittlungsgesellschaften, um den Wiedereinstieg zu erleichtern

* Stufenweise Wiedereingliederung
Göbel R et al. Ocol Res Treat 2018; 41 (suppl 4): V98

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