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Luftrezepte - 479 mal Leistungen veruntreut

Praxismanagement , Geld und Steuern

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Ein Kassen- und Durchgangsarzt aus Sachsen-Anhalt hat 479 mal Leistungen für Patienten verschreiben, die er nie untersucht hatte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt die Verurteilung des Landgerichts wegen Untreue bestätigt.

Ein abgekartetes Spiel, das über drei Jahre lang wunderbar funktionierte: Von einem befreundeten Ehepaar bekam ein Chirurg aus Sachsen-Anhalt regelmäßig die Krankenversicherungskarten von den Angestellten verschiedener Gesundheitszentren sowie den Mitgliedern eines Fußballvereins überlassen. Der Fußballverein wurde von den Eheleuten unentgeltlich physiotherapeutsch betreut, der Arzt hatte im gleichen Verein die Funktion des Mannschaftsarzt inne.

 

Die Heilmittelverordnungen für seine „Patienten“ wurden vom Arzt an das Ehepaar gegeben, diese ließen sich die Erbringung der verordneten Leistungen – im speziellen manuelle Therapie, Wärmepackungen, Unterwasserdruckstrahlmassagen und gerätegestützte Krankengymnastik –von den Besitzern der Krankenversicherungskarten bestätigen, obwohl sie in keinem einzigen der Fälle erbracht worden waren. Anschließend wurden die Leistungen von dem Ehepaar bei den verschiedenen Krankenkassen eingereicht.

 

Den Krankenkassen entstand ein Schaden von rund 51.000 Euro. Der Arzt erhielt nichts von dem Geld, ihm ging es tatsächlich nur darum, seine „einträgliche“ Stellung als Kooperationsarzt zu behalten. Das Ehepaar dagegen wollte sich wohl auch für seine unentgeltlichen Leistungen dem Verein gegenüber schadlos halten.

 

Nach der jetzt erfolgten Entscheidung des BGH machen sich Ärzte, die Luftleistungen verschreiben, nicht der Beihilfe zum Betrug, aber der Untreue schuldig. Die Richter des Bundesgerichtshofes bestätigten die einjährige Bewährungsstrafe gegen den Chirurgen, da der Chirurg seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Krankenkassen verletzt habe. Aufgrund seiner Stellung als Vertragsarzt hätte er auf deren Vermögen Rücksicht nehmen müssen.

 

BGH-Urteil vom 16.8.2016, AZ.: 4 StR 163/16

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