Gicht: Akuttherapie und Anfallsprophylaxe
Akuttherapie
Mittel der Wahl in der leitliniengerechten Akuttherapie sind NSAR, Colchicin und Kortikosteroide. Bei der NSAR-Therapie müssen ggf. Begleiterkrankungen wie Nieren- und Herzinsuffizienz beachtet werden. Bei hohem gastrointestinalem Risiko wird ein Magenschutz mit PPI empfohlen, schreiben die Kollegen vom britischen Drug and Therapeutics Bulletin Editorial Office.
Besonderes Fingerspitzengefühl ist bei der Colchicin-Therapie gefragt. Die Behandlung beginnt mit einer niedrigen Dosierung unter Beachtung von Nebenwirkungen, insbesondere schwerer Diarrhöen. Bei der Dosissteigerung ist vor allem bei Nierenfunktionsstörung oder gleichzeitiger Einnahme von Clarithromycin, Itraconazol, Ketoconazol oder Diltiazem Vorsicht geboten.
Werden NSAR oder Colchicin nicht vertragen, wird eine Kurzzeittherapie über drei bis fünf Tage mit 30–35 mg/Tag Prednisolon empfohlen. Das Steroid kann auch intraartikulär verabreicht werden. Greifen die Monotherapien nicht, bietet sich die Kombi von NSAR und Steroid bzw. Colchicin an. Der Interleukin-1-Inhibitor Canakinumab hat nur eine geringe Wirksamkeit gezeigt und wird derzeit nicht empfohlen.
Harnsäuresenkung
Bei Patienten unter 40 Jahren, Serum-Harnsäurewerten über 480 µmol/l, Diuretikagabe oder Begleiterkrankungen wie Nieren- und Herzinsuffizienz raten die EULAR*-Leitlinien zu einer kontinuierlichen Harnsäuresenkung bereits nach dem ersten Anfall. Eine Therapiepause während eines erneuten Anfalls ist nicht nötig. Bei allen anderen sollte zumindest eine Behandlung erwogen werden. Als Harnsäure-Zielkonzentration gelten 360 µmol/l.
Ob Allopurinol Anfällen vorbeugt, bleibt offen
Mittel der ersten Wahl ist laut den Autoren Allopurinol (100–300 mg/Tag). Ob der Xanthinoxidase-Hemmer die Häufigkeit akuter Gichtanfälle reduziert, ist einem Cochrane-Review zufolge nicht gesichert. Die Substanz wird generell gut vertragen, erfordert aber eine Dosisanpassung bei eingeschänkter Nierenfunktion. Außerdem können vereinzelt schwere Hautreaktionen (z.B. Stevens-Johnson-Syndrom) auftreten.
Bei Kontraindikationen und Unverträglichkeiten sowie bei unzureichender Wirksamkeit von Allopurinol kommt Febuxostat zum Einsatz. Die Verträglichkeit ist ebenfalls gut, allerdings muss auch unter dieser Substanz mit Hypersensitivitätsreaktionen der Haut gerechnet werden.
Anfallsprophylaxe
Beim Start der Harnsäuresenkung sollte eine Anfallsprophylaxe erwogen werden, beispielsweise mit Colchicin 0,5 mg ein- oder zweimal täglich über bis zu sechs Monaten. Bei Unverträglichkeiten kommen niedrig dosierte NSAR infrage. Gerne werden zusätzlich eine Umstellung auf purinarme Kost und eine Gewichtsreduktion empfohlen, die Studienevidenz hierzu ist allerdings nicht die beste.
* European League Against Rheumatism
Quelle: Drug and Therapeutics Bulletin Editorial Office. BMJ 2018; 362: k2893