Nachtschweiß Was bringt die Patienten ins Schwitzen?

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Muss der Patient täglich sein Bettzeug wechseln? Muss der Patient täglich sein Bettzeug wechseln? © rdnzl – stock.adobe.com

Eine 50-jährige Patientin klagt über starkes nächtliches Schwitzen? Das hat vielleicht keinen Krankheitswert – vielleicht liegen aber auch schwerwiegende Ursachen zugrunde. Wie man eine übermäßige Schweißproduktion im Schlaf am besten schrittweise abklärt.

Suchen Sie nach Gründen für übermäßigen Nachtschweiß, treffen Sie schnell auf die erste Hürde: Eine klare Definition dafür existiert nicht. Fragen Sie die Betroffenen, ob das Problem plötzlich begonnen hat oder schon seit Längerem besteht, wie oft es auftritt und wie stark ausgeprägt es ist. Müssen die Patienten sehr häufig ihr Nachthemd oder ihren Schlafanzug wechseln und das Bett neu beziehen? Erkundigen Sie sich auch nach zusätzlichen Symptomen wie Fieber, ungewolltem Gewichtsverlust und/oder übermäßiger Erschöpfung, empfehlen Dr. ­Jeffrey ­Larnard vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston und Kollegen.

Fragen nach der Vorgeschichte erlauben weitere Rückschlüsse: War der Kranke kürzlich im (ferneren) Ausland? Bestand Kontakt zu Patienten mit Infektionskrankheiten, beispielsweise Tuberkulose?

Das Immunsystem kann schuld sein

Auch Erkrankungen oder Medikamente, die das Immunsystem beeinträchtigen, sind relevant. Dazu gehören die Gabe von Immunsuppressiva, eine HIV-Infektion und Malignome.

Die Ursachen nächtlichen Schwitzens lassen sich in drei große Gruppen einteilen:

  • Inflammatorisch: Infektionen (z.B. HIV, Tuberkulose, infektiöse Endokarditis oder akute Virusinfektionen der Atemwege; nach entsprechenden Fernreisen auch Malaria oder Dengue-Fieber), Autoimmunkrankheiten (z.B. rheumatoide Arthritis, systemische Vaskulitiden, Sarkoidose), Malignome
  • Endokrinologisch/metabolisch: Hyperthyreose, Veränderung der Konzentration von Sexualhormonen (z.B. im Klimakterium oder bei Hypogonadismus), Phäo­chromozytom, Hypoglykämien
  • Sonstige Ursachen: Medikamente (z.B. hypoglykämie-auslösende Pharmaka, SSRI, Betablocker, fiebersenkende Mittel wie Paracetamol, Cholinesterasehemmer), Drogen-/Alkoholentzug, ungünstige Schlafumgebung (zu laut oder zu hell), GERD (gastro-ösophagealer Reflux), obstruktive Schlafapnoe

Abwarten und Tee trinken?

Gibt der Patient nur geringen, gelegentlichen Nachtschweiß an, der zwischendurch pausiert, und gibt es keine Risikofaktoren für schwere Organerkrankungen, kann ein Versuch mit „Watchful Waiting“ für zwei bis vier Wochen sinnvoller sein, als gleich die große diagnostische Mühle anzuwerfen. Nach diesem Zeitraum wird der Patient nochmals untersucht – vielleicht ergeben sich dann bereits Befunde, die bei der Diagnostik weiterhelfen.

Die Anamnesefragen und körperliche Untersuchungsbefunde (vergrößerte Lymphknoten? Neu aufgetretenes Herzgeräusch? Exanthem?) helfen oft schon, die Beschwerden einer dieser Kategorien zuzuordnen. Beschreibt der Kranke beispielsweise starkes, akut aufgetretenes nächtliches Schwitzen und klagt außerdem über Fieber, kommt eine Infektion infrage. Ein Blutbild mit Diff-BB und C-reaktivem Protein gibt dann weitere Anhaltspunkte:

Mäßige Leukozytose und CRP-Anstieg bei einem Patienten, der kürzlich in einem Borreliose-Risikogebiet unterwegs war, legen eine Borrelien-Serologie nahe. Ist die Reiseanamnese leer und hören Sie bei der Herzauskultation ein Geräusch, kann eine Endokarditis die Ursache sein – Blutkulturen sind angesagt. Hatte der Kranke riskanten Sex (auch schon vor längerer Zeit), empfiehlt sich eine Suche nach HIV-Antigen und -Antikörpern.

Liegt die Temperatur dagegen im Normbereich oder ist sie nur leicht erhöht, spricht dies eher für andere Verdachtsdiagnosen. Einer allgemeinen Hitzeintoleranz und Palpitationen bei Tachykardien könnte eine Hyperthyreose zugrunde liegen. Raucht der Patient oder hat er dies früher getan, ist zur Abklärung eines Bronchialkarzinoms ein Röntgen-Thorax angebracht. Dieser ist auch sinnvoll bei Atemwegssymptomen und gleichzeitig vorhandenen und bekannten Risikofaktoren für eine Tuberkulose.

Bei auffälligen Ergebnissen in der Laborchemie, etwa einem erhöhten LDH-Wert, kann eine bösartige Erkrankung vorliegen. In diesem Fall ist die gezielte Suche nach Tumormarkern im Blut angezeigt. Hämatologische Malignome wie Leukämien fallen dagegen schon im Differenzialblutbild auf.

Quelle: Larnard J et al. BMJ 2023; 381: e073982; DOI: 10.1136/bmj-2022-073982