Extremwetterereignisse Auf Gewitterasthma vorbereitet sein
„Es ist zu erwarten, dass durch den Klimawandel Frequenz und Magnitude von Extremwetterereignissen zunehmen“ – so steht es im RKI Sachstandsbericht 2023. Und auch der Versicherer Munich Re stellte fest, dass Naturkatastrophen häufiger und heftiger werden. In Deutschland waren die Überschwemmungen im Ahrtal 2021 das letzte große Schadensereignis, berichtete Dr. Andrea Elmer vom MVZ Wiesbaden an der DKD Helios Klinik.
Sie betonte, dass Extremwetterereignisse auch pneumologisch relevant sind und benannte u.a. die Auswirkungen auf Asthmapatienten. So gehen sowohl hohe als auch sehr niedrige Temperaturen mit einem reduzierten FEV1/FVC-Quotienten und einem erhöhten Exazerbationsrisiko einher. Kommt es zu Starkregenereignissen bzw. Überschwemmungen, erkranken mehr Menschen an Influenza, die ebenfalls das Exazerbationsrisko ansteigen lässt. Waldbrände erhöhen die Konzentration von kleinen Feinstaubpartikeln in der Luft. Sie sind schädlicher als die, die nicht durch Brände entstehen.
Extremes Wetter
Ein Extremwettereignis ist bezogen auf einen bestimmten Ort und eine bestimmten Jahreszeit selten bzw. außergewöhnlich. Es tritt mit einer Wahrscheinlichkeit unterhalb der 10. oder oberhalb der 90. Perzentile auf.
Möglich sind:
- Hitze-, Kältewellen
- Überschwemmungen, Starkregen
- Gewitter, Hagel
- Sturmfluten
- Dürren
- Wald-, Vegetationsbrände
- Staub-, Sandstürme
- tropische Stürme, Winterstürme
- Wirbelstürme, Tornados
Und dann gibt es noch die Gewitter, deren Heftigkeit ebenfalls zunimmt. Laut der Munich Re verursachten sie 2023 in Nordamerika und Europa so hohe Schäden wie noch nie zuvor. 2016 erlangte das sogenannte Gewitterasthma Berühmtheit, weil nach einem schweren Unwetter Graspollenallergiker mit einem ersten Asthmaanfall oder einer akuten Exazerbation notfallmäßig die Krankenhäuser von Melbourne fluteten, berichtete Dr. Elmer.
Damit es zu einem Gewitterasthma bei Patienten mit Aeroallergien kommt, sind bestimmte metereologische und individuelle Konstellationen Voraussetzung, erläuterte die Kollegin. In den Tagen vor dem Unwetter gibt es eine hohe Pollenkonzentration in der Luft. Während des Gewitters werden die Pollen durch Aufwinde in höhere Luftschichten transportiert, wo sie vor allem unter dem Einfluss von Elektrizität platzen. „Blitze spielen eine besondere Rolle,“ betonte Dr. Elmer. Die so entstandenen Pollenpartikel < 2,5 μm gelangen durch Abwinde in Bodennähe und per Inhalation bis in die tiefen Atemwege. Dort können sie bei sensibilisierten Patienten einen Asthmaanfall auslösen.
Um Patienten mit Aeroallergien (auch gegen Pilzsporen) zu schützen, sollte man ihnen raten, an Gewittertagen möglichst in geschlossenen Räumen zu bleiben. Da ein schlecht kontrolliertes Asthma das Risiko für ein Gewitterasthma erhöht, ist auf eine leitliniengerechte Therapie inklusive Allergenimmmuntherapie und eine gute Adhärenz zu achten. Und schließlich sollte man bei Patienten mit allergischer Rhinitis prüfen, ob bei ihnen nicht doch ein latentes Asthma vorliegt. In Melbourne hatten immerhin 57 % der Gewitterasthmapatienten keine vorbekannte Atemwegsobstruktion, aber jeder zweite von ihnen Symptome, die mit einem latenten Asthma vereinbar waren.
Quelle: 64. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin