Klimawandel Baumpollen im Jahresabo
Beginn und Intensität des Pollenflugs variieren von Jahr zu Jahr. Angesichts des Klimawandels dürften Baumpollenallergiker nicht gerade froh in die Zukunft blicken: Womöglich müssen manche bald ganzjährig mit Beschwerden rechnen.
Die Prognosen im Hinblick auf den Baumpollenflug sind u.a. abhängig von der Baumart, erläuterte der Leiter des Polleninformationsdienstes Prof. Dr. Karl-Christian Bergmann vom Allergie-Centrum der Charité – Universitätsmedizin Berlin. So fliegt die Hasel, bei der traditionell immer ein Auf und Ab der Pollenmenge zu beobachten war, seit 2018 jede Saison in großen Mengen und teilweise schon vor dem Jahreswechsel. Die Gründe hierfür sind unklar, doch hängen Pollenproduktion und -freisetzung stark von der Witterung ab, sodass mildere Winter den Vorgang möglicherweise befeuern.
Noch auffälliger sind die Kapriolen, die die Erle zuletzt in Deutschland und angrenzenden Regionen geschlagen hat: Die Menge Pollen pro Kubikmeter stieg z.B. 2019 gegenüber dem Vorjahr um 690 % an. In diesem Zusammenhang verwies Prof. Bergmann darauf, dass viele Erlen in mitteleuropäischen Städten nicht zur heimischen Art Alnus subcordata gehören.
Die Purpurerle blüht bereits im Dezember
Es sind Purpurerlen (A. spaethii), eine als besonders robust geltende Kreuzung mit der japanischen Erle, die bereits Anfang Dezember blühen – vor der Hasel. Zudem lassen sich ihre Pollen mikroskopisch nicht von denen der Schwarz- und Grauerle unterscheiden. Deshalb wird für genaue Flugvorhersagen aktuell DNA-Barcoding zur taxonomischen Einordnung erprobt.
Die Entwicklung bei der Birke veranschaulichte der Experte anhand eigener Messungen in München bzw. Bayern. Demnach verschiebt sich seit den 1990er-Jahren die komplette Saison: Der Birkenpollenflug beginnt früher, endet aber auch früher, sodass sich die Beschwerdezeit insgesamt nicht verlängert. Allerdings nimmt die Zahl der Tage mit mehr als 100 Birkenpollen pro Kubikmeter Luft zu und somit auch die Zeit, in der Patienten unter starken Symptomen bis hin zum Asthma leiden. Interessanter Nebenaspekt: Jeder Allergiker hat eine obere Symptomgrenze, das heißt, ab einer gewissen Konzentration lässt sich selbst durch Verdopplung der Pollenlast die Symptomstärke nicht weiter steigern.
Eine gute Nachricht hatte Prof. Bergmann zumindest für Birkenpollenallergiker in Bayern, die nicht in den Bergen leben: Modellierungen zufolge wird es zwar zunächst einen weiteren Anstieg der Pollenbelastung geben. Mit zunehmender Erderwärmung werden die Bäume aber vermutlich in höhere Lagen „ausweichen“, d.h. die Birkenpopulation im Tal nimmt ab. Inwieweit diese Prognose auf andere Regionen übertragbar ist, bleibt abzuwarten, meinte der Experte.
Seminarbericht: 12. Allergologie-Update-Seminar