Haarbrände Es geht um Kopf und Kragen
Zu Verletzungen durch direkte Flammenexposition kommt es nicht nur aus Unachtsamkeit oder bei Unfällen. Mitunter wird der eigene Körper oder der eines anderen absichtlich in Brand gesetzt. So geschehen im Fall eines obdachlosen schlafenden Mannes, dessen Haare durch eine andere Person mit einem Feuerzeug angezündet worden waren. Zum Glück konnte eine Zeugin die Flammen rasch löschen und der Betroffene erlitt nur leichte Verletzungen.
In einem solchen Fall muss die Schwere des Delikts juristisch eingeordnet werden. Dann sind die Rechtsmediziner gefordert, neben der konkreten Gefahr, die von einer solchen Tat ausgeht, auch die potenziellen Folgen objektiv einzuschätzen, erklären Dr. Eric Dietz und Kollegen vom Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Stylingprodukte wirken als Brandbeschleuniger
Ein Experiment sollte Klarheit bringen. Als Material dienten 20 menschliche Haarproben. Die Hälfte der Büschel wurde mit Pflegeprodukten wie Haarspray, Wachs, Gel oder Schaum behandelt, zwei der Proben wurden angefeuchtet. Die fixierten Haare, in deren Nähe verschiedene Textilien positioniert worden waren, wurden angezündet. Ein Wärmemessgerät und eine Videokamera hielten fest, was dann passierte.
Mit Ausnahme der feuchten Proben fingen die Haare sofort Feuer. Innerhalb weniger Sekunden verbrannte das gesamte Haarbüschel. Die meisten mit Stylingprodukten behandelten Haare entflammten schneller und die Brenndauer war deutlich länger. In sechs Fällen sprang das Feuer auf die Textilien über. Stylingprodukte wirken also offenbar als Brandbeschleuniger.
Beim Anzünden eines Menschen handelt es sich also keineswegs um eine banale Schädigung, stellen Dr. Dietz und Mitautoren fest. Die Täter nehmen potenziell lebensgefährliche Verletzungen bei ihrem Opfer in Kauf.
Auch ein anderer Fall, in dem Schüler der Oberstufe das Kopfhaar eines Klassenkameraden angezündet hatten, dürfe nicht als Dumme-Jungen-Streich gewertet werden, betonen die Rechtsmediziner.
Es muss mit dauerhaftem Haarverlust gerechnet werden
Insbesondere, wenn sich Kleidungsstücke wie eine Mütze, in Pandemiephasen ggf. ein Mund-Nase-Schutz oder ein Schal am Kopf befinden, können die Flammen schnell den ganzen Menschen erfassen.
Schwere Brandverletzungen oder gar der Tod sind die möglichen Folgen. Bleibt das Feuer auf die Kopfhaut begrenzt, muss man mit schmerzhaften Verbrennungen und dauerhaftem Haarverlust (Glatzenbildung) rechnen. Das bewusste Anzünden eines Menschen muss als äußerst gefährlich und durch den Täter nicht kontrollierbar eingestuft werden, so das Fazit der Autoren.
Quelle: Dietz E et al. Rechtsmedizin 2024; DOI: 10.1007/s00194-023-00682-5