Krebsgefahr für Kinder Für und Wider einer hochdosierten Folsäure-Supplementation bei schwangeren Epileptikerinnen

Autor: Josef Gulden

Eine Studie liefert Erkenntnisse, ob die Supplementation mit hochdosierter Folsäure bei Frauen während der Schwangerschaft das Krebsrisiko der Kinder erhöhen kann. Eine Studie liefert Erkenntnisse, ob die Supplementation mit hochdosierter Folsäure bei Frauen während der Schwangerschaft das Krebsrisiko der Kinder erhöhen kann. © Руслан Галиуллин – stock.adobe.com

Erhöht eine Supplementation mit hochdosierter Folsäure bei Frauen während der Schwangerschaft – wie sie z.B. Schwangeren mit Epilepsie häufig empfohlen wird – das Risiko der Kinder, an Krebs zu erkranken? Eine skandinavische Registerstudie präsentiert dazu interessante Erkenntnisse.

Frauen wird während der Schwangerschaft die Einnahme von Folsäure empfohlen, um Neuralrohrdefekte zu vermeiden. Epileptische Erkrankungen stellen eine Indikation für die hoch dosierte Supplementierung dar; allerdings gibt es Bedenken, dass diese potenziell kindliche Tumorerkrankungen begünstigt. Einerseits kann eine Folat-Defizienz über eine gestörte DNA-Synthese und -Reparatur das Krebsrisiko erhöhen, aber das gilt ebenso für hohe Titer des Vitamins: Diese fördern die Progression neoplastischer Läsionen und können oxidativen Stress induzieren. Forschende um Dr. Håkon Magne Vegrim von der Universität Bergen nutzten das landesweite Register von Dänemark, Norwegen und Schweden, um zu prüfen, ob hoch dosierte Folsäure bei schwangeren Epileptikerinnen tatsächlich mit kindlichen Krebserkrankungen assoziiert ist.

Die Autor:innen verlinkten Daten aus Geburtenregistern mit Informationen zu Erkrankungen, Medikamentenverschreibungen und Krebsregistern, um entsprechende Zusammenhänge darzustellen und zu analysieren. Insgesamt identifizierten sie mehr als 3,3 Millionen Kinder, die zwischen 1997 und 2017 geboren wurden und zum Zeitpunkt der Auswertung median 7,3 Jahre alt waren. Von den 27.784 Kindern epilepsiekranker Mütter war ein gutes Fünftel (21,4 %) während der Schwangerschaft gegenüber Folsäure in einer mittleren Dosierung von 4,3 mg/d exponiert gewesen. Davon entwickelten 18 Personen bis zum 20. Lebensjahr eine Krebserkrankung.

Höheres Krebsrisiko für Kinder bei schwangeren Epileptikerinnen

Im Vergleich wurde bei 29 Kindern von epilepsiekranken Frauen im Kontrollkollektiv ohne Folsäureexposition ein Tumor diagnostiziert; das entsprach einer adjustierten Hazard Ratio von 2,7 (95%-KI 1,2–6,3) bzw. einem absoluten Risiko von 1,4 % vs. 0,6 % ohne Exposition.

In der Gruppe der nicht an Epilepsie erkrankten Mütter waren lediglich 1,4 % der Kinder in utero mit hoch dosierter Folsäure in Berührung gekommen; die Gefahr für eine Krebserkrankung während der Kindheit war hier mit einer Hazard Ratio von 1,1 (95%-KI 0,9–1,4) nicht erhöht, bei einem absoluten Risiko von 0,4 %. Eine Exposition gegenüber Antiepileptika allein – ohne hoch dosierte Folsäure – steigerte das Risiko ebenfalls nicht.

Die Gabe hoch dosierter Folsäure während der Schwangerschaft ist in der Gruppe der Frauen mit Epilepsie, nicht aber bei gesunden Schwangeren mit einem erhöhten Krebsrisiko für die Kinder assoziiert. Diese Ergebnisse sollten im Zuge der Diskussion von Nutzen und Gefahren der Folsäure-Supplementierung bei Patientinnen mit Epilepsie berücksichtigt werden. 

Quellen:
Vegrim HM et al. JAMA Neurol 2022; DOI: 10.1001/jamaneurol.2022.2977