Die neue GOÄ scheint ein EBM im Schafspelz zu sein

Kolumnen Autor: Dr. Günter Gerhardt

Die Reform der GOÄ ist seit Jahren ein Thema. Die Ärzteschaft fordert nun eine umfassende Aufklärung in Form eines Sonder-Ärztetages - mit Recht meint Dr. Günter Gerhardt.

Vertritt die Bundesärztekammer (BÄK) noch unsere Interessen? Sie nährt jedenfalls derzeit mit ihrem Verhalten und der Intransparenz rund um die Reform der GOÄ, die ein EBM im Schafspelz zu sein scheint, den Boden der Zweifler.

Viele Vertragsärztinnen und -ärzte setzen seit Längerem große Hoffnungen in diese neue GOÄ, zumal in diesen Tagen das Zentral­institut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) feststellen musste, dass ein Vertragsarzt mit der Behandlung gesetzlich Versicherter deutlich weniger als ein Kollege mit gleicher Qualifikation im Krankenhaus in der gleichen Arbeitszeit verdient und Prime Networks im Auftrag der KBV die ärztliche Leistung im EBM untersucht hat mit dem Ergebnis: Der heutige Stundenlohn eines Arztes liege mit 52 Euro zwischen dem einer Fachkraft am Bau und dem eines Fahrzeugmechanikers. Ausgerechnet da hinein platzt jetzt dieser Paradigmenwechsel der BÄK, die GKVisierung der GOÄ.

Eine Reform der GOÄ ist seit Jahren ein Thema. Im November 2013 war das erste Mal die Rede von einem robusten Einfachsatz als Basis für die Leistungsbewertung. Dieser Wert soll den durchschnittlichen Aufwand bei einer Leistung abbilden. Hier hätte man eigentlich schon hellhörig werden müssen, aber Beteuerungen wie die des Vorstandsvorsitzenden des PKV-Verbandes Uwe Laue, "ein Kernpunkt für die GOÄ ist die fortlaufende Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts", trübten den Blick, genauso wie die Beteuerungen unseres Kammerpräsidenten Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery auf dem Deutschen Ärztetag im Mai 2014, dass es bei der GOÄ Novelle keine Verlierer geben werde.

»Die Ärzteschaft fordert zu Recht volle Aufklärung«

Dieses Jahr nach der Sommerpause sickerten dann Infos durch, dass es mit dem immer mal wieder prognostizierten zweistelligen Honorarplus wohl nichts wird und als vorläufige Krönung sprach die BÄK plötzlich davon, dass der Paragrafenteil im Vergleich zu dem kursierenden GOÄ-Entwurf noch stark geändert worden sei.

Mit Recht wird jetzt von großen Teilen der Ärzteschaft eine umfassende Aufklärung gefordert, z.B. in Form eines Sonder-Ärztetages. Den lehnt der GOÄ Verhandlungsführer Dr. Theodor Windhorst ab, weil das "politisch sofortigen Stillstand" bedeuten würde. Na und, so ist das halt in einer Demokratie, vielleicht brauchen wir zum weiteren Überleben auch erst einmal einen Stillstand, auch um gemeinsam nachzudenken, was wir von einer neuen GOÄ erwarten und was eben nicht.

Die derzeitig noch gültige GOÄ hat auch durchaus erhaltenswerte Elemente, sie ist bewusst kein verbindlicher Leistungskatalog und kann durch Analogziffern flexibel geregelt werden. Eine Ausgabenbudgetierung für die PKV und die Beihilfe gibt es nicht.

In Zukunft soll es dann nur noch den schon erwähnten robusten Einfachsatz geben, eine Steigerung soll nur noch um Faktor 2 möglich sein, vorher soll das aber – "aufgrund der objektiven Schwere des Einzelfalles" – eine GeKo (Ge­meinsame Kommission zur Weiterentwicklung der GOÄ) prüfen. Sie erfasst auch regelmäßig die Honorarentwicklung und gibt auf dieser Grundlage 2-mal jährlich Empfehlungen (Über- und Unterbewertungen) zur Anpassung und Weiterentwicklung der GOÄ.

»Engagement für den Erhalt von PKV und GKV sinnlos?«

Wer jetzt an die GKV Institutionen Bewertungsausschuss und Gemeinsamer Bundesausschuss denkt, liegt richtig. Doch wollen wir das? Die Beziehung zwischen Arzt und Patient ist derzeit noch eine rein vertragliche, in die die PKV nicht eingreifen kann.

Für den Erhalt des Dualismus PKV/ GKV haben wir uns eingesetzt. Dieses Engagement erscheint jetzt vor dem Hintergrund der ersten Informationen zur neuen GOÄ sinnlos gewesen zu sein. Ich selbst habe in der Kolumne vom 27.4.2012 gefordert "Treten wir öffentlich für den Erhalt der PKV ein". Wir wollten keine Bürgerversicherung.

Auf zwei Ärztetagen 2012 und 2013 war der "Erhalt des dualen Systems" ein dominantes Thema, am 28.5.2013 wurde in den Tagesthemen über den Ärztetag und diese Thematik berichtet. Nach der Bundestagswahl 2013 wurde in den Koalitionsgesprächen die Bürgerversicherung begraben, der SPD wurden dafür als Trostpflaster die Terminservicestellen präsentiert, wie wir sie jetzt haben.

Vielleicht wäre auch ein Referendum hilfreich, analog der Befragung der Hamburger zur Olympiabewerbung. Würde die Ärzteschaft befragt, könnte geklärt werden, was die Basis von dieser GOÄ-Reform hält. Insofern ist die Entscheidung der Bundesärztekammer, einen Sonder-Ärztetag einzuberufen, richtig.