Wie gefährlich ist die Vogelgrippe für Menschen?

Wissenswertes über Prävention, Übertragungswege, Symptome und Behandlung

Die Ausbreitung des Vogelgrippevirus H5N1 unter immer mehr Säugetierarten bereitet weltweit Sorge. Denn mit jedem neuen Wirt kann der Erreger gefährlicher werden. Auf dieser Seite beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die aviäre Influenza.



Was ist die Vogelgrippe?

Die Vogelgrippe, fachsprachlich  als aviäre Influenza bezeichnet, ist eine Viruserkrankung, die in erster Linie Vögel betrifft. Sie wird durch Influenza-A-Viren verursacht, die in einer niedrig- oder hochpathogenen Variante und in verschiedenen Subtypen auftritt. Bei der Bezeichnung der Subtypen stehen die Buchstaben H (1–16) und N (1–9) für die Oberflächenproteine Hämagglutinin und Neuraminidase. Infektionen mit den hochpathogenen aviären Influenzaviren äußern sich klinisch als sogenannte Geflügelpest. Eine Übertragung auf den Menschen kommt selten vor, kann aber sehr schwer verlaufen. 

Der Subtyp H5N1 hat in den vergangenen Jahren komplette Vogel- und Meeressäugerpopulationen auf nahezu jedem Kontinent der Erde getötet. Nutztierbestände von Geflügel oder Nerzen, die vom Vogelgrippevirus infiziert sind, müssen gekeult werden. Der Erreger befällt immer weitere Säugetierarten, seit Frühjahr 2024 auch Milchvieh in mehreren Bundesstaaten der USA. Nach bisherigem Kenntnisstand kann es nur bei engem Kontakt mit erkrankten oder verendeten Tieren sowie deren Produkten oder Ausscheidungen zu einer Übertragung auf den Menschen kommen.

Wann ist die Vogelgrippe ausgebrochen?

Der erste Ausbruch der hochpathogenen aviären Influenza H5N1 ereignete sich 1996 auf einer Gänsefarm in China. Seitdem sind zahlreiche größere Ausbrüche in verschiedenen Ländern dokumentiert.

Wo grassiert derzeit die Vogelgrippe?

Die Vogelgrippe tritt weltweit bei Wild- und Zuchtgeflügel auf. Fälle infizierter Menschen im ersten Halbjahr 2024 wurden laut dem Hongkonger Centre for Health Protection (CHP) in Australien, China, Kambodscha, Vietnam und den USA gemeldet.

Wie viele Menschen sind an der Vogelgrippe gestorben?

In nahezu der Hälfte der Fälle verläuft eine H5N1-Infektion schwer und endet mit einer tödlichen Pneumonie. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden seit 2003 weltweit über 2.600 Infektionen mit dem Vogelgrippevirus beim Menschen registriert, die meisten davon im asiatisch-pazifischen Raum. In etwa 1.100 der Fälle verlief die Infektion tödlich.

Wie gefährlich ist die Vogelgrippe für die Menschen weltweit?

Nach allgemeiner Expertenmeinung ist die Gefahr, die von der aviären Influenza für den Menschen ausgeht, insgesamt gering. Für eine rasche Verbreitung müsste das Virus zunächst an Rezeptoren in den oberen Atemwegen binden können, erklärt Prof. Dr. Anke­ Huckriede­ von der Universität Groningen dem Science­ Media­ Center­. Doch die Tatsache, dass H5N1 in den USA Rinder infiziert hat, beunruhigt Wissenschaftler und Ärzte weltweit. Denn jede neue betroffene Tierart, die in engem Kontakt mit Menschen lebt, erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Anpassung des Virus. Vogelgrippeviren können sich rapide verändern. Wenn sie damit die Fähigkeit erlangen, sich effizient von Mensch zu Mensch zu verbreiten, könnte es zu einer Influenzapandemie kommen.

Wie kann man sich mit der Vogelgrippe anstecken?

Grundsätzlich kann jeder Mensch an der Vogelgrippe erkranken. Besonders gefährdet sind Mitarbeiter in Hühnerfarmen oder Veterinäre. Derzeit werden die meisten humanen Vogelgrippefälle durch die Subtypen H5N1 und H7N9 verursacht. Menschen können sich durch direkten und engen Kontakt mit infizierten Vögeln sowie deren Produkten und Ausscheidungen infizieren. Dies geschieht außer auf Geflügelfarmen auch in den verarbeitenden Betrieben, auf Märkten sowie beim Anfassen von toten infizierten Nutz- oder Wildvögeln. In Deutschland, wo ebenfalls für Vögel hochpathogene ­H5-Viren zirkulieren, sind bislang keine Vogelgrippefälle beim Menschen bekannt geworden.

Seit März 2024 werden H5N1-­Viren vermehrt bei Milchvieh in den USA nachgewiesen. In diesem Zusammenhang traten auch wenige mild verlaufene H5N1-Infektionen bei Menschen auf, die berufsbedingt engen Kontakt mit infizierten Rindern hatten. Vermutlich startete die Epidemie nach einer einmaligen Übertragung, die Weitergabe des Virus erfolgte wahrscheinlich über kontaminiertes Melkgeschirr und über den Transport infizierter Rinder. Laut dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) gibt es derzeit keine Hinweise auf H5N1-Infektionen bei Milchkühen außerhalb der USA. 

Was gibt es beim Verzehr von Fleisch, Eiern und Milch zu beachten?

Das Virus gelangt auch in die Milch. Nach Einschätzung der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) geht derzeit aber kein Übertragungsrisiko von Molkereiprodukten aus, sofern diese pateurisiert sind. Generell scheint die Übertragung des Virus über Lebensmittel dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zufolge derzeit keine Bedeutung zu haben. Trotzdem sollten Eier und Fleisch aus Gebieten mit H5N1-Ausbrüchen nur gut gegart verzehrt werden.

Was sind die Symptome der Vogelgrippe beim Menschen?

Zu den häufigsten Symptomen einer Vogelgrippeinfektion beim Menschen zählen Fieber, Husten und Atemnot. Bei manchen Betroffenen treten Magen-Darm-Beschwerden, Hals-, Kopf-, Muskelschmerzen oder eine Bindehautentzündung auf. Bei Blutuntersuchungen fallen oft Leuko-, Lympho- und Thrombozytopenien auf. Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind anfälliger für schwere Verläufe. 
 

Wie lange dauert die Vogelgrippe?

Die Inkubationszeit der Vogelgrippe beträgt in der Regel zwei bis fünf Tage. Bei mildem Verlauf sollte die infizierte Person nach etwa 14 Tagen weitgehend genesen sein.

Wie kann man Vogelgrippe nachweisen?

Bei Symptomen einer Influenza und positiver Anamnese für Reisen in Regionen mit anhaltender Virusübertragung von Hausgeflügel auf den Menschen (z.B. Indonesien, Vietnam), der Exposition gegenüber Vögeln oder dem Kontakt mit infizierten Tieren oder Menschen sollte unmittelbar ein Test auf Influenza A mittels RT-PCR­ erfolgen. Die Probennahme erfolgt als Rachen- oder Nasenabstrich, bei Patienten mit Erkrankungen der unteren Atemwege können auch Sputum, Bronchialsektret oder bronchoalveoläre Lavage untersucht werden. Von einem Kulturversuch sollte man absehen, da beim Umgang mit diesen hochpathogenen Viren besondere Vorsichtsmaßnahmen erforderlich sind. Verdachtsfälle und bestätigte Infektionen sind dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden.

Wie wird Vogelgrippe beim Menschen behandelt?

Für die Vogelgrippe steht keine kausale Therapie zur Verfügung. Beim Menschen können – wie bei anderen Influenzaformen auch – in der Frühphase der Infektion anti­virale Akutmedikamente wie Baloxavir, Oseltamivir oder Zanamivir zum Einsatz kommen. Die älteren antiviral wirksamen Substanzen Amantadin und Rimantadin scheinen bei H5N1- und H7N9-Infektionen nicht mehr ausreichend wirksam zu sein, weder therapeutisch noch prophylaktisch.

Was kann man gegen die Vogelgrippe tun?

Generell sollte man keine kranken und verendeten Tiere anfassen, sondern das zuständige Veterinäramt verständigen. Für Personen, die berufsbedingt einem erhöhten Expositionsrisiko durch die hochpathogene aviäre Influenza A(H5) unterliegen, hält das Robert Koch-Institut (RKI) auf seiner Internetseite ein Merkblatt mit speziellen Empfehlungen bereit.

Erkrankungen, Verdachts- und Todesfälle mit aviärer Influenza sind beim zuständigen Gesundheitsamt meldepflichtig. Grundlage der Bekämpfung der Geflügelpest in Deutschland aus veterinärmedizinischer Sicht ist die Geflügelpest-Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). 
Vogelgrippeviren verändern sich sehr schnell. Durch die Neukombination von Gensegmenten und durch kontinuierliche Mutationen können in kurzer Zeit völlig neue Varianten entstehen. Organisationen wie die WHO und das RKI betreiben weltweite Surveillance-­Programme, um Virusproben zu sammeln und genetische Mutationen zu analysieren. 

Gibt es Impfstoffe gegen die Vogelgrippe?

Seit Kurzem stehen EU-weit zwei H5N1-Impfstoffe zur Verfügung. Während der eine im Vorfeld einer drohenden Pandemie gegeben werden kann, ist der andere ein sogenannter Musterimpfstoff, der im Ernstfall an die zirkulierenden H5N1-Viren angepasst wird.

Auch wenn von der Vogelgrippe nach wie vor nur eine geringe Gefahr für die allgemeine Bevölkerung ausgeht, hat die Europäische Kommission im Rahmen der Krisenvorsorge im Juni 2024 den Zugang zu 665.000 Dosen der Präpandemie-Vakzine sichergestellt plus die Option auf 40 Mio. weitere Einheiten. In erster Linie zielt diese Maßnahme darauf ab, bei Bedarf Personen mit besonders hohem Expositionsrisiko schützen zu können.

Aus Sorge vor steigenden Fallzahlen hat Finnland bereits begonnen, Beschäftigte von Geflügelfarmen, Tierärzte und besonders gefährdetes Laborpersonal gegen das H5N1-Virus zu impfen. In Finnland grassierte im Jahr 2023 über Monate hinweg auf zahlreichen Pelztierfarmen das H5N1-Virus. Auch die WHO hat reagiert und mit weltweit 15 Impfstoffherstellern vereinbart, im Pandemiefall auf 10 % der produzierten H5N1-Vakzinen zugreifen zu können.

Aus naheliegenden Gründen konnte die Wirksamkeit der Vogelgrippe-Impfstoffe noch nicht im Menschen getestet werden. Da H5N1-Viren wenig immunogen sind, dürften vermutlich zwei Impfungen mit adjuvantierten Impfstoffen erforderlich sein, so Prof. Huckriede. Neben der Arbeit an klassischen Tot- und Lebendimpfstoffen wird auch an mRNA-­Vakzinen gegen verschiedene Vogelgrippeviren gearbeitet. 

Droht eine Vogelgrippe-Pandemie?

Wenn zwei Vogelgrippeviren, die ursprünglich in unterschiedlichen Wirten vorkommen, in einer Spezies zusammentreffen, können sich die genetischen Informationen mischen. Es entstehen dann vollkommen neue Influenzaviren. Infolge dieses Reassortments und des daraus resultierenden Antigenshifts besteht die Möglichkeit, dass auf einen Schlag neue Virusvarianten entstehen, die für den Menschen potenziell gefährlicher und ansteckender sind. 

Im vergangenen Jahrhundert waren derartige Austausche von Gensegmenten die Grundlage für verschiedene Influenzapandemien. Aufgrund der hohen Flexibilität der Influenzaviren ist es deshalb wichtig, neue Wirtsübertragungen zu verhindern. Denn jede weitere Spezies, die mit H5N1 infiziert werden kann, bietet dem Virus die Möglichkeit für Anpassungen auch an den Menschen, erläutert Prof. Dr. Stephan­ Pleschka­ von der Justus-­Liebig-Universität Gießen dem Science­ Media­ Center. Da sich die Eigenschaften eines solchen neuen Virus nicht vorhersagen lassen, ist die vorsorgliche Entwicklung einer spezifischen Vakzine unmöglich.
Ein anderer Mechanismus, über den sich alle Influenzaviren kontinuierlich verändern, ist die sogenannte Antigendrift. Denn die RNA-Polymerase dieser Viren macht sehr viele Fehler, sodass schon in einer einzelnen Replikationsrunde mehrere Varianten entstehen können.

Mit Blick auf eine mögliche Influenzapandemie bereitet insbesondere die Tatsache Sorge, dass unter Schweinen im Süden Chinas seit einiger Zeit das humanpathogene Influenzavirus H3N2 zirkuliert. Die Region gilt als ein Haupt­ausbruchsgebiet des H5N1-Vogelgrippevirus. Die Gefahr, dass beide Erreger aufeinandertreffen und ihr Erbgut vermischen, ist dort besonders groß, heißt es vonseiten der Max-Planck-Gesellschaft (MPG).


Das wollen Patienten wissen: Fragen zur Vogelgrippe, mit denen man rechnen muss

Geht es um Gesundheitsrisiken wie die Vogelgrippe, ist der Arzt in der Regel die erste Anlaufstelle für besorgte Patienten. Wir haben einen Katalog von Fragen und Antworten zur aviären Influenza zusammengestellt.

Was ist das Vogelgrippevirus? Wie unterscheidet es sich von anderen Grippeviren?

Das Vogelgrippevirus, auch aviäre Influenza genannt, ist ein Influenza-A-Virus. Es infiziert hauptsächlich Vögel, kann aber in seltenen Fällen auch Menschen befallen. Erreger der Vogelgrippe umfassen die Subtypen H5 und H7, die Subtypen H1–H3 dagegen sind Erreger der humanen Grippe. Durch das Vogelgrippevirus H5N1 können auch Menschen erkranken.

Wie wird das Vogelgrippevirus auf Menschen übertragen?

Das Virus wird hauptsächlich durch direkten Kontakt mit infizierten Vögeln oder deren Ausscheidungen weitergegeben. Eine fortgesetzte Mensch-zu-Mensch-Übertragung wurde noch nie beobachtet.

Wie gefährlich ist die Vogelgrippe für den Menschen? 

Dass sich Menschen mit H5N1 anstecken, kommt selten vor. Allerdings kann die Erkrankung einen sehr schweren Verlauf nehmen und endet in nahezu jedem zweiten Fall tödlich.

Welche Symptome treten bei einer Infektion mit dem Vogelgrippevirus auf?

Zwei bis acht Tage nach der Infektion kann es zu hohem Fieber, Husten, Muskel- und Halsschmerzen kommen, mitunter zu Magen-Darm-Beschwerden oder Bindehautentzündung. Schwere Verläufe sind durch Pneumonie und Atemnot gekennzeichnet.

Wie lässt sich eine Infektion nachweisen? 

Im Labor lässt sich die Infektion mittels PCR oder ELISA nachweisen. Als Probenmaterial dienen Rachenabstriche, Nasen- oder Rachenspülwasser, eventuell Bronchialsekret.

Kann ich mich über Lebensmittel mit dem H5N1-Virus infizieren? 

Seit Frühjahr 2024 wird das H5N1-Virus auch in der Milch infizierter Kühe in den USA gefunden. Pasteurisierte Milch und daraus hergestellter Käse gelten aber als ungefährlich, ebenso durchgegartes Fleisch und Eier.

Gibt es eine wirksame Behandlung bei Vogelgrippe?

Antivirale Medikamente wie Oseltamivir und Zanamivir können die Symptome lindern und die Krankheitsdauer verkürzen, müssen aber frühzeitig verabreicht werden. Eine spezifische Behandlung, die das Virus vollständig eliminiert, gibt es nicht.

Kann ich mich gegen das Vogelgrippevirus impfen lassen?

Es gibt zugelassene Impfstoffe gegen die Influenza A. In Deutschland ist eine Impfung für die allgemeine Bevölkerung derzeit aber nicht geplant.

Ich habe engen Kontakt mit Vögeln. Wie hoch ist das Risiko, dass ich mich anstecke?

Das Risiko für eine Infektion mit dem Vogelgrippevirus ist erhöht, wenn man direkten Kontakt mit infizierten Vögeln oder deren Ausscheidungen hat. Insbesondere Personen, die in der Geflügelindustrie arbeiten, sollten Schutzmaßnahmen ergreifen.

Was kann ich tun, um einer Infektion mit Vogelgrippe vorzubeugen?

Generell sollte man den direkten Kontakt mit lebenden oder toten Vögeln vermeiden. Wer berufsbedingt ein erhöhtes Expositionsrisiko hat, sollte entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen.

Möglicherweise habe ich mich mit dem Vogelgrippevirus angesteckt. Was soll ich tun?

In diesem Fall sollte man umgehend medizinische Hilfe in Anspruch nehmen und den engen Kontakt zu anderen Menschen verhindern. Den Arzt sollte man vorab über einen möglichen Kontakt zu infizierten Vögeln informieren.

Wie gefährlich ist das Vogelgrippevirus im Vergleich zu anderen Grippeviren?

Das Virus kann schwerere Verläufe als die saisonale Grippe verursachen, wobei die Pathogenität je nach Virustyp variiert. Viele Experten befürchten, dass sich das Vogelgrippevirus durch Vermischung mit einem Erreger der humanen Influenza genetisch verändern könnte. In der Folge könnte es zu einer Vogelgrippe­pandemie kommen.

Autoren: Tobias Stolzenberg/Dr. Anna-Lena Krause

Quellen:
Science Media Center
Food and Drug Administration (FDA)
Friedrich-Loeffler-Institut (FLI)
World Health Organisation (WHO)
Robert Koch-Institut
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Bundesministerium für Risikobewertung
Max-Planck-Gesellschaft
Centre for Health Protection (CHP)

Diesen Beitrag haben wir erstmals am 09.07.2024 veröffentlicht. Das Thema ist weiterhin aktuell, der Beitrag wird laufend aktualisiert. 
Letzte Aktualisierung: 11.07.2024 um 13:10 Uhr.