Vogelgrippevirus Forscher haben Infektiosität und Übertragbarkeit untersucht
Im Frühjahr 2024 wurde erstmalig ein Ausbruch der Vogelgrippe unter Kuhherden in den USA beobachtet. Mitarbeiter in den Milchviehbetrieben, Katzen und Geflügel infizierten sich mit dem hochpathogenen Influenzavirus des Subtyps H5N1. Während die Erkrankung bei den Menschen bislang mild verlief, gingen einige Katzen an dem Virus zugrunde. Wie hoch ist das Risiko für die öffentliche Gesundheit?
Um die Gefahr einordnen zu können, hat eine Forschergruppe um Dr. Amie Eisfeld von der Universität of Wisconsin-Madison das Virus aus der Milch einer erkrankten Kuh isoliert und näher untersucht. Die Wissenschaftler gaben auf oralem Wege bis zu 25 µl der virushaltigen Milch in Mäuse oder sie verabreichten ihnen Lösungen in verschiedenen Verdünnungsstufen intranasal. Bei beiden Infektionsrouten gab es erkrankte Tiere mit hohen Virustitern in verschiedenen Organen, darunter in der Lunge und im Gehirn, von denen einige an der Vogelgrippe starben. Laktierende Mäuse, die intranasal mit H5N1 angesteckt worden waren, übertrugen das Virus auf einen Teil ihrer zuvor noch gesunden Nachkommen, aber nicht auf andere adulte Tiere.
An Frettchen wurde die Infektiosität über die Atemwege ebenfalls getestet. Nach intranasaler Inokulation erkrankten die Raubtiere – sie entwickelten Fieber und verloren an Gewicht, einige starben auch an der Infektion. Um eine mögliche Übertragung per Tröpfchen in der Luft nachzuweisen, platzierten die Forscher Käfige mit gesunden Frettchen in die Nähe ihrer mit bovinem H5N1 oder einem bekanntermaßen über Aerosole ansteckenden Vergleichsvirus H1N1 infizierten Artgenossen. Eine effiziente Ansteckung zwischen den Tieren wurde für H1N1 beobachtet, nicht aber für H5N1.
Und was bedeuten diese Ergebnisse nun für den Menschen? Die Wissenschaftler wiesen nach, dass das Vogelgrippevirus aus den Kühen im Gegensatz zum aviären H5N1 zusätzlich an die gleichen (α2,6-verknüpften) Sialinsäuren bindet wie humane Grippeviren. Somit kann das bovine H5N1 wahrscheinlich an die zahlreich in den oberen Atemwegen des Menschen vorhandenen Sialinsäurerezeptoren andocken. Das Virus aus den Kühen unterscheidet sich also offenbar von den bisher in Vögeln zirkulierenden Erregern, indem es sowohl an die von aviären Influenzaviren bevorzugten a2,3-verknüpften Sialinsäuren als auch an a2,6-Sialinsäuren bindet. Die Frettchenversuche in dieser Studie ergaben zwar keine Ansteckung über Tröpfchen, Experimente einer anderen Gruppe zeigten jedoch das Gegenteil. Laut den Autoren sind weitere Studien mit humanen H5N1-Isolaten erforderlich, um die Risiken für die Bevölkerung besser bewerten zu können.
Quelle: Eisfeld AJ et al. Nature 2024; DOI: 10.1038/s41586-024-07766-6