
Vogelgrippe erreicht neue Wirte H5N1 bei Kühen: ein Risiko für Menschen und Märkte

Warum befällt die Vogelgrippe plötzlich Kühe? Und was bedeutet das für Europa? Bei ihrem Überblick über die aktuelle Weltseuchenlage ging Dr. Sabine Jordan, I. Medizinische Klinik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, auch auf die Vogelgrippe und den Eintrag des H5N1-Virus in Milchviehbestände in den USA ein.
Erstmals beschrieben wurde das Influenza-A-(H5N1)-Virus, gemeinhin als Vogelgrippe oder Geflügelpest bezeichnet, im Jahr 1996 als tödlicher Krankheitserreger bei Gänsen auf südchinesischen Geflügelfarmen. Zwischen 2003 und 2019 kam es damals offiziell zu 861 sogenannten Spillover-Events auf den Menschen. Jede zweite infizierte Person starb. Im Jahr 2020 trat mit der Klade 2.3.4.4b ein neuer H5N1-Subtyp auf den Plan. Innerhalb der verschiedenenen Vogelpopulationen verbreitete sich die Variante schnell weltweit.
Ab 2022 wurde H5N1 mehrfach in verschiedenen Säugetierarten nachgewiesen. Betroffen waren zunächst Robben in Peru, wenig später traf es Nerze auf spanischen Pelzfarmen. Vermutlich hatte eine bestimmte Punktmutation, T271A, über eine erhöhte Polymeraseaktivität die bessere Adaptation an Säugetierzellen ermöglicht.
Seit Frühjahr 2024 ist es in den USA zu zwei voneinander unabhängigen Einträgen des Virus in Milchviehherden gekommen, fasste die Referentin die jüngere Entwicklung zusammen. Maßgeblich für die beiden Spillover-Events war offenbar die direkte Infektion des Kuheuters. Bei den betroffenen Tieren kommt es zu extremerMastitis, starkem Milchrückgang, einer veränderten Milchkonsistenz und Fieber. „In dieser Milch sind dann massive Mengen an Viren und darüber kann es zur Übertragung auf den Menschen kommen“, erklärte Dr. Jordan. Offiziell ist es in den USA bislang zu 70 humanen H5N1-Infektionen gekommen, ein Mensch ist dort im Zusammenhang mit der Vogelgrippe gestorben. „Die Sorge ist, dass sich das Virus, wenn es nun schon im Menschen ist, sich so verändert, dass auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich wird.“
Als Folge des großen H5N1-Ausbruchs in den USA sind bislang über 160 Mio. Hühner gekeult worden, berichtete die Referentin. Das habe unter anderem dazu geführt, dass die Eierpreise in den USA enorm gestiegen sind und die US-Amerikaner ihr Eierdefizit durch Importe decken wollen. „Nun ist zu befürchten, dass unsere Ostereier sehr teuer werden.“ Zu allem Überfluss haben die umfassenden Kürzungen im US-Landwirtschaftministerium offenbar zur unabsichtlichen Kündigung dringend benötigter Vogelgrippeexperten geführt.
Das CEPI*, ein weltweites Forschungsnetzwerk zur Entwicklung neuer Impfstoffe gegen virale Infekte, warnt unterdessen davor, dass sich aufgrund der Geschehnisse in den USA eine H5N1-Pandemie entwickeln könnte. Zum Glück sei man angesichts der Influenza verhältnismäßig gut aufgestellt, mahnte die Expertin zu Besonnenheit. „Bei den Impfstoffen gegen die Grippe können wir schnell Anpassungen durchführen, angepasste Impfstoffe sind in der Entwicklung.“
* Coalition for Epidemic Preparedness Innovations
Quelle: 26. Forum Reisen und Gesundheit