Dürfen Ärzte für Gutachten Pauschalhonorar vereinbaren?
Grundsätzlich gilt, dass die GOÄ für die Vergütung aller beruflichen Leistungen eines Arztes Anwendung findet. Wann liegen jedoch "berufliche Leistungen" eines Arztes im Sinne der GOÄ vor?
Die "beruflichen Leistungen" des Arztes sind nach Maßgabe der GOÄ großzügig auszulegen. Sie betreffen alle Leistungen, die typischerweise in Ausübung des ärztlichen Berufes erbracht werden.
Dazu zählen auch schriftliche Bescheinigungen, Zeugnisse, ausführliche Befundberichte, Stellungnahmen oder Gutachten (Ziffer 70, 75, 80, 85 GOÄ), die gegenüber dem Patienten oder für diesen gegenüber Dritten erstellt werden.
Im Zusammenhang mit Patienten immer nach GOÄ abrechnen
Begutachtungen und Stellungnahmen für private Versicherungsunternehmen (z.B. private Unfallversicherung, Haftpflichtversicherung) im Zusammenhang mit behandelten Patienten sind als berufliche Leistungen des Arztes daher immer nach der GOÄ abzurechnen:
Sie kommen nur im Interesse, auf Veranlassung und erst nach Schweigepflichtentbindung des behandelten Patienten mit seiner "dahinter" stehenden Privatversicherung zustande und beziehen sich auf medizinische Sachverhalte zum Gesundheitszustand des betreffenden Patienten.
Zwar bieten viele private Versicherungsunternehmen Pauschalvergütungen an, die von Ärzten auch gerne nachverhandelt und angenommen werden. Entgegen aller Behauptung sind diese jedoch nach der geltenden Rechtslage gemäß § 2 Abs.1 GOÄ nicht zulässig.
Dies gilt z.B. auch, wenn eine pauschale Vergütung pro Stunde angeboten wird oder eine Pauschale vereinbart werden soll, die auf Basis der GOÄ errechnet wurde. Wegen Verletzung der formalen Anforderungen an eine Privatliquidation nach GOÄ werden pauschalierte Beträge in einer GOÄ-Rechnung gar nicht erst zur Zahlung fällig (§ 12 Abs.1 GOÄ).
Höherer Steigerungssatz verschafft Spielräume
Ist die GOÄ anzuwenden, kann nur durch einen höheren Steigerungssatz als den 3,5-fachen Satz Abrechnungsspielraum geschaffen werden. Andere Gestaltungsmöglichkeiten des Arztes für in seinem Sinne wirtschaftlich günstigere Vergütungsvereinbarungen bestehen nach der GOÄ nicht (§ 2 Abs.1 S.2 GOÄ).
Sollen ärztliche Berichte oder Gutachten für die gesetzliche Unfallversicherung erstellt werden, gilt demgegenüber die spezielle Gebührenordnung der UV-GOÄ zur gesetzlichen Unfallversicherung mit Krankenhaus-Nebenkostentarif.
Eine ausdrückliche gesetzlich abweichende Regelung zur GOÄ gilt für die Abrechnung von Gerichtsgutachten oder die Honorierung der Aussage des Arztes als Sachverständiger oder sachverständiger Zeuge im Gerichtsprozess: Hier ist das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) einschlägig, das ausdrücklich eine abweichende Abrechnung, insbesondere über das Stundenhonorar für die ärztliche Expertise vorsieht. Hier ist der Arzt in bestimmten Fällen sogar zur Auskunft verpflichtet.
Eine solche Auskunftspflicht des Arztes besteht z.B. ausdrücklich nach § 100 SGB X gegenüber dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV-Bund), hier ist der behandelnde Arzt dann "sachverständiger Zeuge".
Auskunftspflicht gegenüber der Deutschen Rentenversicherung
Für Anfragen der Deutschen Rentenversicherung steht dem Arzt daher eine Entschädigung bzw. Vergütung nach dem JVEG zu. Diese kann höher liegen als ein pauschales Vergütungsangebot, das die DRV-Bund dem Arzt unter Hinweis auf die Auskunftspflicht mittels Vereinbarung für Befunde und Gutachten anbietet, was (nur) die Behörde nach § 21 Abs.3 SGB X einem Sachverständigen auch anbieten darf.
Ganz anders und nicht vergleichbar sind Dienstleistungsverträge über Konsiliar- bzw. Honorararztleistungen zwischen Krankenhäusern und Ärzten: Die Vergütung für freie Dienstleistungen eines Konsiliar- bzw. Honorararztes gegenüber einem Krankenhausträger im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses ist frei verhandelbar.
Die dem Patientenschutz dienende GOÄ findet hier keine Anwendung, auch wenn sie von den Vertragsparteien (freiwillig) als Maßstab herangezogen werden kann, oder auch zulasten des Arztes unterschritten werden könnte.