Ein verbindliches Hausarztsystem ist unverzichtbar
Schon jetzt fehlen Ärzte, vor allem Hausärzte, sowie Pflegekräfte – und dieser Mangel wird sich noch verschärfen, so der Gründer und ehemalige Leiter des Kieler Institutes für Gesundheits-System-Forschung.
Er ist überzeugt, dass es nicht gelingen wird, die Versorgung durch niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser dauerhaft flächendeckend und wohnortnah mit einem hohen Maß an Versorgungsqualität sicherzustellen: "Beides, wohnortnah und qualitativ hochwertig, ist nicht miteinander zu vereinen."
Trendprognose für 2060
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Bis 2060 geht die Bevölkerungszahl um 13 Mio., die nachwachsende Generation um 4 Mio. und die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter um 15 Mio. zurück. Allein die Altersgruppe 67 Jahre und älter nimmt um 5 Mio. zu. |
Prof. Beske geht davon aus, dass die Versorgung zunehmend aus städtischen Regionen heraus oder durch den Transport aus der ländlichen Region in die nächste Stadt erfolgen muss.
Zudem hält der Gesundheitswissenschaftler die Einführung eines verbindlichen Hausarztsystems für unverzichtbar. Fachärzte sollten nur noch mit Überweisung durch einen Hausarzt aufgesucht werden dürfen. Auch sollten den Ärzten alle Behandlungsdaten über die elektronische Gesundheitskarte zugänglich sein.
Prof. Beske hält es ferner für notwendig, der Allgemeinmedizin in der Ausbildung mehr Bedeutung einzuräumen. Lehrstühle für Allgemeinmedizin fordert er für alle medizinischen Fakultäten. Die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin sollte stärker strukturiert und finanziert werden.
Unvermeidliche Kürzungen im GKV-Leistungskatalog
Leistungseinschränkungen der gesetzlichen Krankenkassen werden "unvermeidlich" sein, meint der renommierte Wissenschaftler. Es dürfe keinen Bereich der Gesundheitsversorgung geben, der a priori von Überlegungen über die Verteilung dieser Mittel ausgeschlossen wird – mit einer einzigen Ausnahme: der Notfallversorgung. Ein Expertengremium sollte der Politik die entsprechenden Vorschläge unterbreiten.
Kritisch äußerte sich Prof. Beske zur Arbeit des Gemeinsamen Bundesausschusses. Wenn Interessen der Trägerorganisationen in Entscheidungen einflössen, müsse der Gesetzgeber handeln. Beispiel: Mindestmengen für geburtshilfliche Abteilungen.
Solche Mindestmengen, durch die ganze Krankenhausstandorte zur Disposition stehen könnten, sollten vom Gesetzgeber mit Kontrollmaßnahmen und Sanktionen festgelegt werden. Auch die Wiedererrichtung des Bundesgesundheitsamtes mahnt der Experte an. Es könne Aufgaben des G-BA übernehmen, z.B. die Regelung der Qualitätssicherung im stationären Bereich.
Quelle: F. Beske: Perspektiven des Gesundheitswesens. Geregelte Gesundheitsversorgung im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft, 2016