Hausbesuche wegen fehlender Kapazitäten ausschließen?
Ein Allgemeinarzt aus Rheinland-Pfalz fragt:
Meine Hausarztpraxis befindet sich im Zentrum einer Stadt. In meiner Praxis stellen sich zunehmend Patienten aus den Vororten vor, die einen neuen Hausarzt suchen, weil der bisherige Hausarzt seine Praxistätigkeit beendet hat.
Es ist mir jedoch nicht möglich, auch noch Hausbesuche in den Vororten zu leisten. Darf ich mit weiter weg wohnenden Patienten einen eingeschränkten Behandlungsvertrag abschließen, in welchem ich Hausbesuche prinzipiell ausschließe?
Gilt dies auch für „Vertretungsfälle“, wenn mein Gemeinschaftspraxiskollege aushäusig ist?
Dr. jur. Karin Hahne, Fachanwältin für Medizinrecht Frankfurt a.M.:
Gemäß § 17 Abs. 6 Bundesmantelvertrag-Ärzte ist die Besuchsbehandlung grundsätzlich Aufgabe des behandelnden Hausarztes. Wenn der Arzt bzw. die Gemeinschaftspraxis die Betreuung der Patienten, die bisher eine andere Hausarztpraxis im Vorort aufgesucht haben, übernommen hat, so ist mit diesen Patienten ein Behandlungsvertrag zustande gekommen. Dieser bestimmt, dass ein erforderlicher Hausbesuch auch durchgeführt wird.
Insbesondere kann man bei Übernahme des hausärztlichen Betreuungsverhältnisses nicht davon ausgehen, dass der geforderte Hausbesuch dann außerhalb des üblichen Praxisbereichs liegt (§ 17 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte). Der Abschluss eines eingeschränkten Behandlungsvertrages, in welchem Hausbesuche für diese Vorortpatienten grundsätzlich ausgeschlossen ist, ist nicht zulässig.
Ähnliches gilt für den Fall, dass der Kollege der Gemeinschaftspraxis nicht anwesend ist und ein Hausbesuch im Vertretungsfall ansteht. Der Behandlungsvertrag kommt mit der Gemeinschaftspraxis, zustande. Ist ein Arzt nicht anwesend und kein externer Vertreter bestellt, so obliegt die Behandlungspflicht dem verbleibenden Arzt. Der steht natürlich vor dem Dilemma, die Patienten im Wartezimmer warten zu lassen, wenn er einen angeforderten Hausbesuch erledigt.
Die Rechtsprechung hat bislang das volle Wartezimmer nicht als Ablehnungsgrund für einen Hausbesuch gelten lassen. Der Arzt sollte sich zumindest selbst telefonisch durch ein Gespräch mit dem Patienten ein Bild machen, ob der Hausbesuch vielleicht bis nach der Sprechstunde aufgeschoben werden kann; wenn er diesbezüglich nicht sicher sein kann, muss er im Zweifel den Hausbesuch (sofort) durchführen und die anderen Patienten warten lassen.
Dies gilt umso mehr, wenn es sich um einen Hausbesuchs-Patienten handelt, der nicht in seiner laufenden Behandlung steht, sondern in der des Kollegen. Je weniger er einen Patienten persönlich kennt, desto weniger kann er die Notwendigkeit der Anforderung des Hausbesuchs beurteilen und muss im Zweifel noch eher zum Hausbesuch aufbrechen.
Verzichtet der Arzt auf die persönliche Untersuchung oder verschiebt er den Besuch auf später, haftet er im Zweifel bei einer Zustandsverschlechterung.