Praxisorganisation auf Senioren abstimmen

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Anke Thomas

Immer weniger Hausärzte betreuen immer ältere Menschen. Welche organisatorischen Maßnahmen sind hilfreich, um besser auf die Bedürfnisse älterer Patienten einzugehen?

Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die älteren Menschen das Leben leichter machen können, sagt Referent Dr. Wolfgang Blank*. Die anwesenden Kollegen sollen hierzu gemeinsam für verschiedene Bereiche (Mobilität, Medikamente, Versorgung, Funktionalität etc.) Ideen zusammentragen.

Was kann der Hausarzt in seiner Praxis für ältere Patienten tun?

Gerade was die eingeschränkte Mobilität angeht, kommt eine Menge zusammen:

  • Stühle mit Armlehnen im Wartezimmer, Stuhl zur Pause auf Treppenabsätzen,
  • bei Treppenaufgängen ausklappbare Rampe,
  • Schwellen, Kabel, andere Sturzfallen entfernen,
  • kurze Wege für Gehbehinderte, nahe an die Tür setzen,
  • Abstellplätze für Stützen und Rollies in den Zimmern,
  • Gehhilfen in der Praxis vorhalten (Stock, Vierpunktstock, Rollator etc.),
  • Krücken- und Stockhalter,
  • Toilettensitzerhöhung, Sitzgelegenheit am Waschbecken,
  • Notfall-Klingel.

 

Insbesondere mit der Notfall-Klingel für das Bad haben einige Kollegen schon so ihre Erfahrungen gesammelt. Die recht günstigen Klingelknöpfe für rund 15 Euro im Baumarkt, die über Funk funktio­nieren, können nämlich auch für Irritationen sorgen. So berichtet ein Arzt, dass andere Sender auf der gleichen Wellenlänge plötzlich für laute Weihnachtsmusik an der Anmeldung sorgten, obwohl der Knopf gar nicht betätigt wurde.

Wie kommt der Hausarzt bei seinen Senioren in die Wohnung?

Bei neuen Patienten werden in Dr. Blanks Praxis vorsorglich alle nötigen Informationen für eventuelle Hausbesuche notiert, z.B.: Gibt es Angehörige, die den Patienten in die Praxis bringen/begleiten können? Wie sind diese erreichbar? Gibt es einen Schlüssel, damit der Hausarzt im Notfall ins Haus kommt?

Zu überlegen ist auch: Gibt es in der Praxis eine Mitarbeiterin (Verah), die unter Umständen Hausbesuche übernehmen kann? Können eventuell Fahrdienste organisiert werden, die den älteren Patienten in die Praxis begleiten? Gibt es Besuchsdienste (Pfarrei, Kirchengemeinde), die die Praxis unterstützen? „Laden Sie gerne auch mal einen MDK-Mitarbeiter zu einem Austausch in die Praxis ein“, rät Dr. Blank. Wenn es z.B. um die Einordnung in eine Pflegestufe geht, inter­essiert nicht die Diagnose, sondern das, was der Patient (noch) kann.

Seniorenbetreuung: Enge Zusammenarbeit mit Apothekern pflegen

Von der Einbindung Externer hält Dr. Blank sowieso viel: Warum nicht die Kooperation mit dem Apotheker pflegen, der mit dafür Sorge trägt, dass die Tabletten richtig eingenommen werden, oder auch einen Interaktionscheck durchführen kann? Die Versorgung mit Medikamenten ist ein wichtiger Punkt bei älteren Menschen.

Die Kontrolle der Medikamente, die Patienten einnehmen, fördert oft Erstaunliches – mitunter Gefährliches – zutage. Ärzte sollten auch nachfragen, so Dr. Blank, ob das wirklich alle Medikamente sind, die eingenommen wurden. Denn es kommt nicht selten vor, dass der Patient beim Ehepartner „nascht“ oder Arzneimittel konsumiert, die als „harmlos“ beworben werden, was aber im Zusammenspiel mit anderen Medikamenten nicht der Fall ist. Laut Statistiken werden heute 30 % der Mittel vom Arzt verschrieben, erklärt Dr. Blank, in 70 % der Fälle handelt es sich um OTC-Präparate.

Oft funktioniert auch die Kommunikation mit den Klinikärzten überhaupt nicht. Warum also nicht einmal Treffen organisieren, damit das Netzwerken besser klappt? Dabei kommt es nicht selten vor, so berichten Kollegen auf dem Workshop, dass Krankenhausärzte Medikamente verschreiben, deren Einnahme für den Patienten gefährlich werden könnte. Dr. Blank hält es in solchen Fällen so, dass er den Oberarzt XY anruft und freundlich sagt: „Sie haben das ja bedacht ...“ Meist ist die Reaktion dann wie gewünscht und so kommt gleich eine Rückfrage des Krankenhausarztes.

Beim Ehepartner genascht?

Welchen Cocktail an Medikamenten ältere Menschen zu sich nehmen, ist für den Arzt oft gar nicht ersichtlich. Damit Patienten sich nicht selbst gefährden und die Therapie optimal erfolgt, erarbeiteten Kollegen auf der Practica folgende Tipps zur Versorgung:

  • PRISCUS als Vorlage
  • Regelmäßige Kontrolle der Medikamente in der Praxis
  • Angehörige und Patienten auffordern, die Medikamente mitzubringen
  • Wiederholungsrezepte überprüfen
  • Schulung der Mitarbeiterinnen in der Praxis
  • Kontrolle des Verbrauchs im PC
  • Kontrolle der Nierenverträglichkeit
  • Kontrolle der Interaktionen
  • Einbeziehen der Angehörigen oder des PflegeteamsU    Überprüfung der Medikamente im häuslichen Umfeld
  • Patientenschulung oder Seminare im häuslichen Umfeld
  • Dispenser für eine Woche durch Angehörige herrichten lassen, evtl. Apothekenblister

 

 

 

* auf dem Practica Workshop: „Perfekt betreut – der alte Patient in Ihrer Praxis“, Bad Orb, 2011