Rote-Hand-Briefe werden von Ärzten ignoriert

Autor: Dr. Anja Braunwarth, Foto: thinkstock

Aktuelle Analyse eines Rote-Hand-Briefs: Die Warnungen zu Arzneimittelrisiken führten nicht dazu, das Verordnungsverhalten zu ändern. Wurde das Ziel der Informationsschrift verfehlt?

Rote-Hand-Briefe sollen neu erkannte Arzneimittelrisiken mindern. Wie diese Mahnungen im Praxisalltag berücksichtigt werden, prüften Kollegen anhand eines Rote-Hand-Briefs zu Citalopram, einem selektiven Serotonin-Reuptake-Hemmer. Im vierten Quartal 2011 wurde vor der kontraindizierten Ko-Verordnung von Citalopram mit anderen QT-Intervall verlängernden Medikamenten gewarnt.


Die Analyse erfolgte anhand von Daten der „Geriatrie in Bayern Datenbank“ (GiB-DAT) – jeweils zwölf Monate vor und nach dem Erscheinen des Briefes. Von rund 35 000 Patienten erhielten in den vier Quartalen vor dem Rote-Hand-Brief 7,8 % Citalopram, so die Auswertung des Teams um Professor Dr. Renke Maas vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität Erlangen-Nürnberg.

Datenbanken als Weg zu mehr Sicherheit?

Etwa jeder Fünfte (19,3 %) bekam weitere QT-Intervall verlängernde Präparate; in 5 % der Fälle sogar Arzneimittel mit hohem Risiko für diese EKG-Veränderung. In den Monaten nach der Publikation der Warnung änderte sich kaum etwas: 7,9 % erhielten das Antidepressivum, 18,4 % in Kombination mit QT-Intervall verlängernder Medikation, 4,5 % mit High-risk-Substanzen.


Offenbar werden die Gefahrenmeldungen von Rote-Hand-Briefen nur unzureichend in die klinische Praxis umgesetzt. Qualitätssicherungssys­teme wie das GiB-DAT-Netzwerk könnten nach Ansicht der Autoren dazu beitragen, derartige Probleme zu erkennen und Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit einzuleiten.

Quelle: 4. Kongress für Patientensicherheit, Berlin, 2013