practica 2012 Das hausärztliche Handwerkszeug erhalten

Kolumnen Autor: F. M. Mader

Die practica hat ihre Nagelprobe bestanden: Im ersten Jahr, in dem das Institut für hausärztliche Fortbildung (IhF) für die Organisation verantwortlich ist, hat sie wieder über 1 000 Hausärztinnen und Hausärzte, Ärztinnen/Ärzte in Weiterbildung und MFAs nach Bad Orb gelockt.

Und wieder war es der besondere Mix aus Workshops zum Mitmachen und intensiven Übungskursen, der die Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet zu lebhaften Diskussionen im Seminarhotel und in den Kneipen des Städtchens angeregt hat. Denn traditionell lernen die Teilnehmer auf der practica viel mehr als nur schnöde Theorie, wie man es von den zahlreichen Update-Kursen kennt.

Die Einbindung einer ganzen Reihe von Referenten aus dem Umfeld der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) trägt dazu bei, hausärztliches Tun herauszulösen aus der Domäne des Intuitiven, um es vielmehr am gesicherten Wissen im Fach zu orientieren. Nur wenn Hausärzte Fortbildung für Hausärzte auf höchstem Niveau präsentieren, ist dies der Schlüssel dazu, dass unser Fach sich emanzipieren wird gegenüber der gelegentlich übermächtig scheinenden Spezialistenmedizin.

Die Macher der practica sind aber zutiefst überzeugt, dass hausärztliches Handeln mehr einschließt als nur das Wissen um nachrecherchierbare Evidenz. Ich sehe mit Sorge, dass das ganze Handwerkszeug für einen guten Allrounder derzeit verlorengeht. Wer versorgt denn hierzulande noch Frauen längsschnittartig, wer behandelt noch Kinder ab den ersten Monaten? Überlegen Sie einmal, in wie wenig Praxen noch Wunden genäht und kleine Hauttumore entfernt werden. Viele Kollegen geben sich ja nicht einmal mehr mit der Spirometrie ab. Und die practica heißt ja gerade deswegen so, weil man in Bad Orb vieles von dem Genannten tatsächlich üben darf, um es in der Basisversorgung anbieten zu können.

Hausärztliche Meinungsbildner erklären gerne, dass 80 % der Beratungsprobleme in der Hausarztpraxis dort abschließend geklärt werden könnten. Selber bin ich allerdings skeptisch, ob es noch viele solcher klassischer Generalisten gibt. Wer aber auf der practica zum Beispiel den Kurs Kleine Chirurgie (präsentiert von einem Hausarzt aus Halle) belegt hat, dem muss bei der nächsten Schnittwunde in Zukunft nicht mehr bange sein.

Ich meine, dass neben allem wissenschaftlichen Input gute hausärztliche Fortbildung auch echte Praxis lehren muss, dass Teilnehmer lernen können, wie das Knie, die Wirbelsäule oder die Muskulatur zu untersuchen sind. Nur so kann echte hausärztliche Identität entstehen. Und nur so kann es gelingen, dass die Hausarztpraxis auch in Zukunft ein Ort der Versorgung bleibt und Hausärztinnen und Hausärzte mehr sind als nur Gatekeeper.

Wer Lust hat, merkt sich den 23. – 26. Oktober 2013 vor und sieht im Vorfeld auf www.practica.de nach, welche Kurse angeboten werden. Nur so schaffen Sie es, noch sicher einen Platz in den begehrten übungs- und diskussionsintensiven Kleingruppenseminaren zu erhalten.

Dr. med. Frederik M. Mader
Wissenschaftlicher Leiter der practica
93152 Nittendorf

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (1) Seite 3
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.