Hausarztverträge Die Qualität der Leistung muss stimmen

Kolumnen , Gesundheitspolitik Autor: U. Goering

Hausarztzentrierte Verträge müssen endlich als Selbstverständlichkeit von allen Beteiligten akzeptiert werden. Es kann nicht sein, dass Gesundheitspolitiker und Krankenkassen ihren Sinn immer wieder in Frage stellen. Wir Hausärzte müssen dafür sorgen, dass wir Fakten schaffen, die die Argumentation der Gegner erschweren oder unmöglich machen.

Die wichtigste Waffe, die wir einsetzen können, ist die Qualität. Die Ergebnisse der Evaluation des HzV in Baden-Württemberg sind ein ermutigendes Zeichen, aber reicht dieses eine Beispiel wirklich?

Ich glaube, dass die Zugehörigkeit zur Hausarztfraktion keine Legitimation dafür darstellt, dass jeder Arzt an den Hausarztzentrierten Verträgen teilnehmen kann. Ich möchte dies am Beispiel der Verträge der Kinder- und Jugendärzte erläutern. Als die ersten Verhandlungen in Bayern für einen AOK-Vertrag geführt wurden, haben die Kinder- und Jugendärzte selbst einen Standard für die Teilnahme festgelegt. Dieser Standard beinhaltete im Wesentlichen eine vorgegebene Ausstattung der Praxis, den Nachweis über regelmäßige Fort- und Weiterbildung zu bestimmten Themen, die Teilnahme an Qualitätszirkeln und die Verpflichtung zu einer leitlinienorientierten Diagnostik und Therapie. Das hatte zur Folge, dass nicht alle niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte automatisch an diesem Vertrag teilnehmen konnten. Schon kurze Zeit später war dieser "Mustervertrag" Grundlage für die Folgeverträge in den anderen Bundesländern.

Interessanterweise wird über den Sinn dieser Verträge – im Gegensatz zu den HzV-Verträgen – kaum diskutiert, im Gegenteil, beide Seiten arbeiten intensiv an einer inhaltlichen Weiterentwicklung. Ich möchte dieses Beispiel als Appell an die Allgemeinärzte verstehen: Es macht in meinen Augen keinen Sinn, dass jeder Hausarzt an einem HzV-Vertrag teilnehmen kann. Es müssen Kriterien erstellt werden, die eine Qualität gewährleisten, an denen die Verhandlungspartner nicht vorbeikommen. Nur so sind die Verträge auf Dauer lebensfähig, nur so sichern wir unsere tägliche Arbeit und ihren gerechten Preis.

Wir müssen in diesem Zusammenhang auch erkennen, dass es zwischen den Hausarztgruppierungen – Allgemeinärzte und hausärztlich tätige Internisten auf der einen und Kinder- und Jugendärzte auf der anderen Seite – konkurrierende Interessen gibt: Beide Seiten erheben mit ihren Verträgen einen Alleinvertretungsanspruch für die Behandlung, die einen für die ganze Familie, die anderen für die Kinder und Jugendlichen. Es ist längst überfällig, diesen meines Erachtens völlig unsinnigen Streit zu beheben. Wir alle wissen, dass in größeren Städten Kinder fast ausschließlich von Kinder- und Jugendärzten betreut werden. Auf dem flachen Land ist die Situation anders. „Erwachsenen-Ärzte“ und Kinder- und Jugendärzte teilen sich hier den Versorgungsauftrag. Das ist eine Tatsache, an der sich auch in Zukunft sicher nichts ändern wird. Daraus folgt zwingend, dass wir Kooperationsformen entwickeln, die den Bedürfnissen beider Arztgruppen und den berechtigten Ansprüchen der Patienten gerecht werden.

Als die Kinder- und Jugendärzte in Bayern den ersten Vertrag mit der AOK verhandelten, fand sich im Ergebnis auch eine „Vertreter-Pauschale“ für die eingeschriebenen Kinder, die zweimal im Quartal angesetzt werden kann. Diese Pauschale war nicht nur für die eigenen Fachkollegen im Vertretungsfall gedacht, sie war auch für die Allgemeinärzte auf dem flachen Land vorgesehen, wo Kinder nicht ausschließlich dem Kinder- und Jugendarzt vorgestellt werden können. Leider hat es nie die entsprechenden Unterschriften gegeben, die es ermöglicht hätten, den Versorgungsauftrag zu teilen. Wäre das nicht ein erster Schritt der Annäherung, wenn wir uns beide die Behandlung der alltäglichen Probleme teilen und sich der Kinder- und Jugendarzt beispielsweise der speziellen sozialpädiatrischen Probleme im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen, der chronischen Erkrankungen Diabetes, Asthma, ADHS, der Schulprobleme u. a. annimmt? Wäre fast zu schön, um wahr zu sein.

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (6) Seite 55
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

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