Innovative Versorgung Frischer Wind oder laues Lüftchen?
Kann der G-BA neutral sein?
Kommt nun also doch der schon lange herbeigesehnte „frische Wind“ in die Integrierte Versorgung? Keineswegs! Denn neutral kann der G-BA überhaupt nicht sein. Kaum jemand sonst steht so an der Speerspitze der kollektivvertraglichen Regelversorgung wie der G-BA. Letztlich repräsentiert er ja mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Kranken-hausgesellschaft und dem GKV-Spitzenverband genau die drei Spitzenorganisationen, die immer schon eine Lanze für die Regelversorgung und die Kollektivverträge gebrochen haben. Und künftig soll ausgerechnet dieser G-BA darüber entscheiden, welche Versorgungsformen innovativ sind, welche Selektivverträge erprobt werden sollen und wer für die Versorgungsforschung den Zuschlag erhält und wer nicht? Und der G-BA müsste sich dabei derart verrenken, dass er sich sogar ins eigene Fleisch schneiden würde. Denn er würde innovative Versorgungsformen auf den Weg bringen, in denen die KVen nicht mal Partner sein dürfen.
Der G-BA ist jetzt schon überlastet
Würde der G-BA dabei auch noch seine Arbeit gut machen und viele erfolgreiche Projekte anstoßen, würde er genau das KV-System an die Wand drücken, das er ja eigentlich als Körperschaft repräsentiert. Und schließlich bekäme dann der heute bereits mit gesetzlichen Aufträgen überfrachtete G-BA weitere große Aufgabenfelder hinzu, die er in absehbarer Zeit gar nicht bewältigen könnte.
Dem Hausärzteverband als einem der großen Player von Selektivverträgen müsste da eigentlich das große Grausen kommen. Die Vergangenheit hat zudem gezeigt, dass sowohl große integrierte sektorübergreifende Versorgungsmodelle als auch kleine regional ausgerichtete innovative Pflänzchen von selbst gut gedeihen können, wenn die politischen Voraussetzungen stimmen. Das Projekt und Internetportal InGE (Innovative Gesundheitsmodelle), in dem deutschlandweit eine Bestandsaufnahme bestehender Projekte und deren Übertragbarkeit auf andere Regionen erfolgt, untermauert dies eindrucksvoll (www.innovative-gesundheitsmodelle.de). Bisher hat es aber daran gemangelt, dass die Projekte kaum systematisiert und noch weniger evaluiert worden sind. Dafür braucht man aber nicht ein solch träges und den alten Strukturen verhaftetes Gremium wie den G-BA: Dafür würde es ausreichen, ein zügig operierendes Entscheidungsgremium zu bilden, dem neben Vertretern der Selbstverwaltung auch Wissenschaftler und vor allem Angehörige aus der Zivilgesellschaft angehören müssten. Nur so wird tatsächlich frischer Wind in die Integrierte Versorgung kommen und nicht nur ein laues Lüftchen wehen. Denn das wäre aber viel zu wenig für die bereitstehenden 1,2 Milliarden Euro, die der Innovationsfonds bis 2017 ausspucken wird, fürchtet
Ihr Raimund Schmid
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (12) Seite 46
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.