Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz Gefährlicher Aktionismus
Gestartet mit dem Ansinnen, alle Kassen generell bundesweit zu öffnen und die Kassenaufsicht beim Bundesversicherungsamt (BVA) zu zentralisieren, stieß das unausgegorene Gesetzesvorhaben auf einen derart breiten Widerstand, dass der Minister seine diesbezüglichen Pläne zurücknehmen musste. Kurzerhand umgetauft in "Fairer Kassenwettbewerb-Gesetz", zielt es jetzt vor allem auf Reformen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) ab.
Für die bewährte Hausarztzentrierte Versorgung ist das FKG nach wie vor eine Bedrohung: Es sieht weiterhin vor, bestimmte Diagnosen als Voraussetzung für Vergütungen zu verbieten, um angebliche Manipulationen zu unterbinden. Damit kommen aber selektivvertragliche Regelungen zur besonderen und auch krankheitsspezifischen Versorgung besonders ins Fadenkreuz. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Natürlich ist es richtig, gegen Manipulationen im Gesundheitssystem vorzugehen. Der vorliegende Entwurf des GKV-FKG schießt jedoch weit über das Ziel hinaus: Er beeinträchtigt die Umsetzung einer Versorgungsform, die eine besondere und intensive hausärztliche Betreuung mit zusätzlichen Leistungen beinhaltet und deren Vorteile für die Patienten inzwischen in mehreren Evaluationen wissenschaftlich belegt sind. Die Dokumentation der Diagnoseziffer dient hier der Abbildung der Morbidität und des daran gekoppelten Betreuungsaufwands gegenüber der Krankenkasse. Es steht für mich außer Frage, dass die an der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) teilnehmenden Ärzte dabei keine Diagnosen vergeben, die nicht dem tatsächlichen Krankheitsbild des einzelnen Patienten entsprechen. Anderslautende Behauptungen wurden nie belegt. Seit wann aber genügen irgendwelche Vermutungen, Annahmen oder Unterstellungen als Grundlage für gesetzliche Regelungen?
Damit nicht genug, sieht das GKV-FKG vor, zu prüfen, ob identische Diagnosen von Hausärzten bei der Berechnung der Risikozuschläge im Jahresausgleich der Kassen geringer zu bewerten sind als die von Fachärzten. Innerhalb der Geburtslogik des RSA ist dies ein absurder Bruch, da hier ein Morbiditätsausgleich auf Versichertenebene angedacht war und nicht, unterschiedliche Behandlungskosten auf den Versorgungsebenen auszugleichen. Dies kommt einer inakzeptablen Herabsetzung der hausärztlichen Tätigkeit gleich und kann überdies dazu führen, dass es für Krankenkassen attraktiver wird, ihre Versicherten in die Praxen der Spezialisten zu lotsen. Sieht so ein wirksamer Beitrag zur Bekämpfung des hausärztlichen Nachwuchsproblems aus? Gelingt so eine bedarfsgerechte Patientensteuerung, deren Notwendigkeit inzwischen kaum ein Gesundheitspolitiker noch anzweifelt?
Wohl kaum. Vielmehr reiht sich das GKV-FKG ein in die Flut von Gesundheitsgesetzen aus dem Hause Spahn, die mehr von gezielt unüberschaubarem exekutivem Aktionismus geprägt sind als von durchdachter und fundierter Sachpolitik.
Autor:
Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands
Orleansstr. 6
81669 München
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (3) Seite 5
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.