Hausarztverträge HzV gedeiht – doch Angst vor neuer Eiszeit bleibt

Kolumnen Autor: Raimund Schmid

Eigentlich steht das zarte Pflänzchen HzV derzeit in voller Blüte. Und das nicht nur aufgrund der Jahreszeit, sondern auch wegen einer ganzen Reihe bemerkenswerter Erfolge. So ist beispielsweise die Refinanzierungsklausel weggefallen und es gibt einfachere Vorgaben für die Bereinigung der Gesamtvergütung. Bewegung ist aber insbesondere in das Vertragsgeschäft mit den Krankenkassen gekommen.

Immer mehr Kassen springen auf den HzV-Zug

Mit den Betriebskrankenkassen zum Beispiel ist gar ein echter Coup gelungen. Über 2 große Dienstleister (GWQ Service Plus AG und spectrum AG) konnte jetzt eine Blaupause für einen bundeseinheitlichen HzV-Vertrag auf den Weg gebracht werden. In mehr als der Hälfte aller Bundesländer sind die Betriebskassen bereits auf diesen neuen HzV-Zug aufgesprungen. Auch immer mehr Ersatzkassen scheinen nun über ihren Schatten zu springen. Sogar in Bayern, einem Bundesland, in dem die dortigen Ärzte zuletzt mit der HzV nicht viel Freude hatten. Jetzt kündigt der VDEK in Bayern an, zum 1. Juli 2015 die Konditionen des bereits bestehenden Vertrages zu verbessern und ab Mitte 2016 einen neuen Vertrag ganz ohne Schiedsverfahren abzuschließen. Und in Rheinland-Pfalz ist gerade das Schiedsverfahren zwischen dem dortigen Hausärzteverband und einer ganzen Reihe größerer Ersatzkassen erfolgreich über die Bühne gegangen, so dass auch dort ab 1. Juli alle Ersatzkassen mit im Boot sind.

Selbst in Nordrhein-Westfalen sind nun nach einem langwierigen Hickhack die Verträge mit der AOK, den Ersatz- und Betriebskrankenkassen erfolgreich geschiedst worden. Zwar sind hierbei längst nicht alle Wünsche des Hausärzteverbandes in Erfüllung gegangen. Dennoch kann sich das Ergebnis sehen lassen: Vertragsdauer bis Ende 2018, Fallwerte von rund 75 €, Wegfall der unpraktikablen und unberechenbaren Bereinigungsklauseln und zeitnahe Ausweisung der abschließenden Vergütung pro Quartal.

Mahnung zur Wachsamkeit

Da erstaunt es auf den ersten Blick schon, dass bei der diesjährigen Frühjahrstagung des Hausärzteverbands in Frankfurt diese Erfolgswelle gar nicht so sehr gefeiert wurde.

Stattdessen goss ausgerechnet die KBV-Vizechefin Regina Feldmann als Allgemeinärztin Wasser in den Wein ihrer eigenen Zunft. Die Hausärzte, so klagte sie, hätten in der Politik immer noch keine ausreichende Lobby. Die Gesundheitspolitiker stünden nicht geschlossen auf der Seite der Hausärzte, was die jüngste Diskussion um den Hausarzt als mehr oder weniger fähigen Grundversorger erneut untermauere. Und auch der nicht enden wollende Streit zwischen der AOK Bayern und dem dortigen Hausärzteverband um den bereits geschiedsten Hausarztvertrag hat zwar nun die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) mit rechtsaufsichtlichen Schritten auf den Plan gerufen. Doch zunächst bleiben Hausärzte und AOK-Patienten einmal mehr auf der Strecke.

Das Beispiel aus Bayern zeigt, dass der Hausärzteverband stets auf der Hut sein muss. Sonst droht die Gefahr, irgendwann im Winter mit nur noch ganz wenigen Blüten dazustehen. Denn der politische HzV-Wind kann sich jederzeit schnell drehen und durchaus auch wieder zu einer längeren Eiszeit führen, warnt

Ihr

Raimund Schmid

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (10) Seite 29
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.