Bürokratieabbau Mehr Zeit für Patienten!

Kolumnen Autor: N. Metke

Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), eines der bedeutendsten Meinungs- und Trendforschungsinstitute in Deutschland, hat es klar zum Ausdruck gebracht: Die Patienten beklagen sich darüber, dass die Ärzte zu wenig Zeit für sie haben. In einer aktuellen Befragung des Institutes gaben die Patienten im Schnitt elf Minuten als Zeitrahmen ihres Arztes beim letzten Besuch an. Insgesamt ist etwa ein Drittel der Patienten der Ansicht, dass sich der Arzt zu wenig Zeit für seine Patienten nimmt. Die Untersuchung bestätigt eine Einschätzung, die auch Ärzte teilen. In einer Befragung der KBV zusammen mit dem NAV-Virchowbund im vergangenen Jahr wurde von den Ärzten als größtes Manko in ihrem Berufsalltag angegeben, dass sie zu wenig Zeit für die Patienten haben. Es scheint also etwas dran zu sein.

Besonders die Hausärzte werden hiervon betroffen sein. Gerade bei ihnen ist der Patientendurchlauf hoch. Als Facharzt muss ich mit Bewunderung anerkennen: Die Hausärzte leisten hier ein gewaltiges Pensum ab.

Wer nach den Ursachen fragt, wird schnell auf mehrere Punkte stoßen. Da sind in erster Linie die Honorarsystematik, die Gesprächsleistungen derzeit nicht ausreichend berücksichtigt, und die Bewertungen im EBM, die den Ärzten hohe Patientenzahlen aufzwingen, damit sie ihre Praxis wirtschaftlich führen können. Bei einem RLV-Fallwert von etwa 40 Euro bei einem Hausarzt ist das evident. Zum anderen macht sich der Ärztemangel bemerkbar. Praxen werden geschlossen, weil die Inhaber keine Nachfolger gefunden haben. Also werden die Patienten von anderen Ärzten mitversorgt.

Eine Änderung der Honorarsystematik mit einer besseren Vergütung der Gesprächsleistungen ist im Rahmen der aktuellen EBM-Reform angedacht. Sie alleine würde jedoch zu kurz greifen. Denn wenn sich die einzelnen Ärzte mehr Zeit für ihre Patienten nehmen, können sie nicht mehr so viele Patienten wie bisher versorgen. Die Folge wären längere Wartezeiten auf einen Termin.

Erforderlich ist es daher, gleichzeitig die Kapazitäten der Ärzte zu erhöhen. Wir können von den Ärzten nicht verlangen, und das gilt besonders für die Hausärzte, dass sie noch mehr arbeiten. Eine Ausweitung der Kapazitäten kann es somit nur dadurch geben, dass die Ärzte von anderen Aufgaben entlastet werden und daraus mehr Zeit für die Behandlung der Patienten gewinnen. Und da bin ich beim Thema Bürokratie. Auch das war ein Ergebnis der Studie aus dem vergangenen Jahr: Rund acht Stunden pro Woche gehen an Zeit für Bürokratie drauf – ohne die Zeit, die für die eigentliche Führung der Praxis aufgewendet wird. Das ist eindeutig zu viel. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und im Versorgungsstrukturgesetz geregelt, dass bei den Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses die Kosten in Bezug auf Bürokratie offengelegt werden müssen. Diese Regelung basiert auf einer einfachen Erkenntnis: Bürokratie kann nur abgebaut werden, wenn ihre Kosten transparent werden.

Wir dürfen daher sehr gespannt sein, wie die neue Gesetzeslage umgesetzt wird.

Dr. med. Norbert Metke
Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Rehabilitationswesen
Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung
Baden-Württemberg
70567 Stuttgart

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (4) Seite 3
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.