Anti-Korruptionsgesetz Sonderstrafrecht für Angehörige eines Heilberufs?

Kolumnen Autor: Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach

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Korruption, egal durch wen und wo, ist rechtswidrig und belastet das gesellschaftliche Miteinander, ja es stört Vertrauen, zerstört es sogar. Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Die überwiegende Zahl der Ärzte und anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen arbeitet jedoch völlig korrekt. Nun liegt ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vor, der für Angehörige eines Heilberufs mit staatlich geregelter Ausbildung einen Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen formuliert. Um die schwarzen Schafe unter den Kollegen aufzudecken, brauchen wir jedoch keine neuen Gesetze und ganz sicher nicht eines, das speziell eine Gruppe der Gesellschaft in den Fokus rückt, sondern eine konsequente Anwendung und gegebenenfalls eine Nachbesserung der bestehenden Regulierungen.

Auf der Grundlage des Heilberufsgesetzes und der ärztlichen Berufsordnung verfügen wir über wirksame Mittel zur Ermittlung und Ahndung ärztlicher Korruption. Das gilt auch für Fälle, in denen kein strafrechtlicher Tatbestand vorliegt. Dies betrifft zum Beispiel Zuweisungen gegen Entgelt oder auch falsche Abrechnungen im Bereich der GOÄ. Derartige Verstöße gegen die Berufsordnung ziehen berufsrechtliche Konsequenzen nach sich.

Was aber bewirkt ein Sonderstrafrecht für Angehörige eines Heilberufs? Stärkt es wirklich das Vertrauen in die Heilberufe oder wirkt es nicht vielmehr stigmatisierend und unterstellt Hunderttausenden, die diese Berufe mit großem Engagement ausüben, eine besondere Anfälligkeit für Bestechlichkeit und Korruption?

Gerade das Gesundheitswesen unterliegt – wie kaum ein anderer Bereich – einer Vielzahl von Kontrollen. Darüber hinaus wurden bei allen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, ihren Verbänden, beim GKV-Spitzenverband, bei den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung "Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen" eingerichtet. Dorthin kann sich jeder – auch anonym – mit einem glaubhaften Hinweis auf Fehlverhalten im Gesundheitswesen wenden. Mit diesen Maßnahmen darf angenommen werden, dass das Entdeckungsrisiko deutlich gestiegen und damit gleichzeitig die Dunkelziffer gesunken ist. Gestiegene Fallzahlen lassen daher nicht automatisch den Schluss zu, dass die Gesamtzahl von Fehlverhalten gestiegen ist.

Ein staatlich gesätes Misstrauen in das Arzt-Patienten-Verhältnis, in die Integrität der Heilberufe erzeugt Zweifel und Unsicherheiten, die letztlich auch den Behandlungserfolg gefährden können. Nicht zuletzt erhöht die Unterstellung unter einen Generalverdacht keinesfalls die Attraktivität der Heilberufe für den so dringend benötigten Nachwuchs.

Über die juristischen Zweifel an diesem Gesetzentwurf, die es zum Beispiel zu den möglichen Auswirkungen auf die eigentlich so erwünschte Kooperation der Heilberufe untereinander gibt, kann ich an dieser Stelle gar nicht näher eingehen.

Nein, Deutschland braucht kein Sonderstrafrecht für Angehörige eines Heilberufs!


Autor:
Präsident der Landesärztekammer Hessen

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (6) Seite 3
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.