Regress Rückstellungen erlaubt

Praxisführung Autor: Werner Enzmann

Ärzte, die ihren Praxisgewinn durch Bilanzierung ermitteln, dürfen nach einem Entscheid des Bundesfinanzhofs Rückstellungen für den Regressfall bilden, die gewinnmindernd berücksichtigt werden.

Ärzte, die die vorgegebenen Richtgrößen für die Verschreibung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln überschreiten, müssen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen in Form der Richtgrößenprüfungen mit einem Regress der Krankenkassen rechnen. Folge: Honorare werden zurückgefordert. Bisher reichte bereits das erstmalige Überschreiten der Richtgrößen um mehr als 25 % für den Regress aus.

Durch das GKV-VStG wurde die Regelung zumindest für Praxen, die erstmalig in ein derartiges Verfahren geraten, etwas entschärft. Bei einer erstmaligen Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % muss zunächst eine individuelle Beratung stattfinden, bevor es zu einem finanziellen Regress kommt. Eine Honorarrückforderung kann also erst für Prüfzeiträume festgesetzt werden, die zeitlich nach der Beratung liegen.

Doch wenn es zu einem Regress kommt, können die wirtschaftlichen Auswirkungen für niedergelassene Arztpraxen enorm, mitunter sogar existenzgefährdend werden. In diesem Fall dürfen Ärzte für die voraussichtlichen Honorarrückforderungen jedoch eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, entschieden kürzlich die Bundesfinanzrichter. Voraussetzung ist allerdings, dass der Praxisgewinn durch Bilanzierung ermittelt wird.

Rückstellungen dürfen nur Bilanzierer bilden

Berufsausübungsgemeinschaften mit vielen Gesellschaftern entscheiden sich immer öfter, ihren Gewinn durch Bilanzierung zu ermitteln, Medizinische Versorgungszentren in der Rechtsform einer GmbH sind dazu sogar verpflichtet. In diesem Fall ist der Gewinn der Saldo aus dem Praxisvermögen am Ende eines Wirtschaftsjahres und dem Praxisvermögen am Anfang eines Wirtschaftsjahres, gemindert um die Einlagen und erhöht um die Entnahmen der Gesellschafter. Ob Einnahmen bereits zugeflossen bzw. Zahlungen abgeflossen sind, ist nicht entscheidend. Vielmehr wird auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung abgestellt.

Ärzte, die die vorgegebenen Richtgrößen für die Verschreibung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln nicht erstmalig überschreiten, dürfen daher nach Einleitung eines Prüfverfahrens wegen Überschreitung der Richtgrößen um mehr als 25 % eine gewinnmindernde Rückstellung in Höhe des voraussichtlichen Rückforderungsbetrages bilden.

Ausgehend vom kaufmännischen Vorsichtsprinzip müssen daher auch Aufwendungen, die erst im Folgejahr anfallen, wirtschaftlich aber bereits verursacht sind, gewinnmindernd berücksichtigt werden. So ist beispielsweise für die Jahresabschlussarbeiten des Steuerberaters eine gewinnmindernde Rückstellung zu bilden. Anderseits müssen aber auch Honorare für bereits erbrachte Leistungen als Ertrag erfasst werden, da diese bereits realisiert sind. Dies gilt insbesondere für noch nicht zugeflossene Honorare der kassenärztlichen Leistungen für das IV. Quartal.

Auch für mögliche Honorarrückforderungen der Krankenkassen im Rahmen von Richtgrößenprüfungen darf eine Rückstellung gebildet werden. Voraussetzung für die Bildung einer derartigen Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist, dass eine nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit besteht oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit künftig entsteht, sofern sie wirtschaftlich vor dem Bilanzstichtag verursacht ist. Mit einer Inanspruchnahme muss aber ernsthaft gerechnet werden.

Anders sieht es aus, wenn Ärzte ihren Praxisgewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, wie es bei Einzelpraxen häufig geschieht. Dann ist für die Ermittlung des jährlichen Gewinns grundsätzlich nur entscheidend, welche Einnahmen zugeflossen bzw. welche Ausgaben abgeflossen sind.

Bei Honorarzahlungen ist allerdings zu beachten, dass Privatliquidationen bereits als zugeflossen gelten, wenn sie bei einer Verrechnungsstelle eingehen. Entscheidend ist somit die Gutschrift auf dem Verrechnungskonto des Arztes bei der Privatärztlichen Verrechnungsstelle und nicht die spätere Gutschrift auf dem Bankkonto. Honorare für die kassenärztlichen Leistungen fließen dem Arzt dagegen erst mit der Überweisung auf sein Bankkonto zu. Damit erhöhen die Honorare für das IV. Quartal eines Jahres regelmäßig erst den Praxisgewinn des Folgejahres, obwohl die Leistungen bereits im Vorjahr erbracht wurden und wirtschaftlich auch zu diesem gehören.

Doch die wirtschaftliche Veranlassung ist bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nur in Ausnahmefällen entscheidend. Auch darf z. B. für die anfallenden Kosten für die steuerliche Gewinnermittlung und die Steuererklärungen, die ja erst nach Ende eines Jahres vom Steuerberater erstellt werden können, noch keine gewinnmindernde Rückstellung gebildet werden. Und auch für mögliche Honorarforderungen nach einem Regress darf keine Rückstellung gebildet werden.

Werner Enzmann

Quelle:
ETL Advision

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (3) Seite 68-69
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.