Mundwinkelrhagaden Was bringt sie zum Heilen?

Autor: D. Abeck

Mein 69-jähriger Patient, der zurzeit wegen einer unfallbedingten HWK-Fraktur bettlägerig ist, leidet unter therapieresistenten Mundwinkelrhagaden. Es liegen außerdem eine chronische Gastritis, eine Obstipation, Meteorismus und ein chronisches Schmerzsyndrom vor. Die Schleimhäute (Nase, Mundraum) sind als Folge einer Opiattherapie trocken. Bisher verwandte Lokaltherapeutika: Metronidazol/Linola®, Baycuten® HC, Zinksalbe, Nebacetinsalbe. Relevante orale Therapie: Mutaflor® Tbl., Riopan® Magen Gel, Lansoprazol 30 mg. Im Abstrich wurden Staph. aureus, Candida albicans und ein unbekannter Hefepilz nachgewiesen.

Antwort: Eingerissenen Mundwinkeln, für die synonym die Begriffe Perlèche oder Angulus infectiosus verwendet werden, können sehr unterschiedliche Erkrankungen zugrunde liegen. Hierzu zählen u. a. ein Zinkmangel, ein Vitamin-B3- oder Pyridoxalmangel, Autoimmunerkrankungen wie ein Pemphigus vulgaris, genetische Erkrankungen wie das Down-Syndrom oder chronische Dermatosen wie ein atopisches Ekzem.

Eine verbreiterte Mundspalte, insbesondere bei älteren Menschen aufgrund von fehlenden Zähnen oder schlechtem Prothesensitz, kann einen Lippenschluss in größerer Breite entstehen lassen, was Mundwinkelrhagaden begünstigt.

Die Hautveränderungen imponieren einseitig (Abb. 1) oder beidseitig (Abb. 2) als an die Mundwinkel heranreichende unscharf begrenzte Erytheme, die mit gelblichen Schuppenkrusten (Abb. 1) belegt sind oder auch zentral erosiv verändert sein können (Abb. 2). Insbesondere morgens beim Aufstehen und bei den ersten Mundbewegungen kommt es zu schmerzhaften Mikroeinrissen. Auch der Kontakt mit säurehaltigen Speisen ruft ein schmerzhaftes Brennen hervor. Das häufige, auch durchaus zwanghafte Belecken der Hautveränderungen führt zur Unterhaltung der gestörten Hautbarriere.

Mikrobiologisch lassen sich, wie auch im vorliegenden Fall, eine Vielzahl von Bakterien (neben Staphylococcus aureus auch Streptokokken oder gramnegative Erreger) und Hefen nachweisen. Jedoch sind diese Keime nicht als spezifisch anzusehen, sondern als Sekundärbesiedler einer chronischen Halbschleimhautentzündung zu werten, weshalb auch eine keimspezifische orale antimikrobiologische Behandlung in der Regel nicht erforderlich ist.

Wenn eine Grunderkrankung eruierbar ist, ist diese entsprechend zu behandeln.Die Behandlung umfasst zum einen eine mehrfach täglich durchzuführende, die gestörte Hautbarriere wieder restaurierende Basispflege, vorzugsweise mit Alfason® Repair-Creme in Kombination mit einer initial antientzündlichen Therapie. Hierfür sind topische Steroide mit antimikrobiellen Zusätzen (Flupredniden-Miconazol (decoderm® tri Creme)), morgens und abends aufgetragen, die Therapie der Wahl. Kommt es nach Abheilung zu einem raschen Rezidiv, sind die topischen Calcineurin-Inhibitoren Pimecrolimus (Elidel®-Creme) und Tacrolimus (Protopic®-Salbe) kortisonfreie Alternativen.

Fotos: Abeck
Kontakt
Prof. Dr. med. Dietrich Abeck
Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Facharzt für Allergologie
80639 München

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2012; 34 (3) Seite 46-47
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

Abb. 2: Anguli infectiosi. Beidseitig die Mundwinkel umschließende unscharf begrenzte erosive Erytheme. Abb. 2: Anguli infectiosi. Beidseitig die Mundwinkel umschließende unscharf begrenzte erosive Erytheme.