COVID-19 Wie sinnvoll sind Schutzmasken?

Praxisführung Autor: Yvonne Emard

Seit sich das SARS-CoV-2-Virus ausbreitet, wird diskutiert, wie sinnvoll das Tragen von Schutzmasken ist. Wir geben einen Überblick über die verschiedenen Masken und deren Schutzpotential.

War zu Beginn der COVID-19-Pandemie der Nutzen von Masken in der breiten Bevölkerung noch umstritten, kristallisiert sich nun heraus, dass ein Mund-Nasen-Schutz doch vorteilhaft sein kann und immer häufiger von Experten empfohlen wird. Doch nach wie vor stellt Schutzausrüstung weltweit eine Mangelware dar. Welche Alternativen gibt es zu den professionellen Atemschutzmasken und welchen Schutz bieten die unterschiedlichen Schutzmasken-Typen? Im Folgenden werden die vier verschiedenen Schutzmasken, ihre Besonderheiten und ihr Schutzpotential vorgestellt.

1. Chirurgischer bzw. medizinischer Mund-Nasen-Schutz (MNS-Masken) oder umgangssprachlich „OP-Maske“: Er besteht aus mehreren dünnen Lagen Papier und Vlies. Er dient vor allem dem Fremdschutz und schützt das Gegenüber vor der Exposition potentiell infektiöser Tröpfchen desjenigen, der den Mundschutz trägt. Er stellt keine Atemschutzmaske dar, reduziert jedoch die Abgabe von infektiösen Tröpfchen in die Umgebung. Den Träger schützt er (nur) vor makroskopischen Tröpfchen aus dem Auswurf z.B. eines Patienten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erklärt die hauptsächlich einseitige Schutzwirkung wie folgt: Da der Träger je nach Sitz des MNS im Wesentlichen nicht durch das Vlies des MNS einatmet, sondern die Atemluft an den Rändern des MNS vorbei angesogen wird, bieten MNS für den Träger in der Regel kaum Schutz gegenüber erregerhaltigen Tröpfchen und Aerosolen. Sie können jedoch Mund- und Nasenpartie des Trägers vor einem direkten Auftreffen größerer Tröpfchen des Gegenüber schützen sowie vor einer Erregerübertragung durch direkten Kontakt mit den Händen. [1, 2]

2. FFP2/3-Masken (FFP = Filtering Face Piece): Diese filtrierenden Atemschutzmasken haben im Gegensatz zu chirurgischen MNS-Masken die Funktion, auch den Träger zu schützen. Diese Masken weisen eine deutlich höhere Dichtigkeit als die chirurgischen MNS-Masken auf. Hierauf bezieht sich auch die Klassifizierung FFP1 bis 3: Masken der FFP-Klasse 1 dürfen bei einem mittleren Partikeldurchmesser von 0,6µm eine „Gesamtleckage“ (= Undichtigkeit) von höchstens 25% aufweisen, Masken der FFP-Klasse 2 von höchstens 11% und Masken der FFP-Klasse 3 von höchstens 5% [1]. Zur Reduktion des Atemwiderstandes werden diese Masken auch mit Ausatemventil angeboten. Das BfArM macht in diesem Zusammenhang auf einen wichtigen Unterschied aufmerksam: Masken ohne Ventil filtern sowohl die eingeatmete Luft als auch die Ausatemluft und bieten daher sowohl einen Eigenschutz als auch einen Fremdschutz. Masken mit Ventil filtern nur die eingeatmete Luft und sind daher nicht für den Fremdschutz ausgelegt.

3. „Community-Masken“: Selbstgenähte Behelfs-Mund-Nasen-Masken aus handelsüblichen Stoffen. Hierbei handelt es sich ausdrücklich nicht um ein Medizinprodukt. Eine Schutzwirkung ist nicht nachgewiesen; durch das Tragen können jedoch die Geschwindigkeit des Atemstroms oder Speichel-Tröpfchenauswurfs reduziert werden und die Masken können das Bewusstsein für „social distancing“ sowie gesundheitsbezogenen achtsamen Umgang mit sich und anderen unterstützen [2]. Einige Benutzregeln sind hierbei jedoch zu beachten, hierzu später mehr.

4. Gesichtsmasken mit Visier: Diese Schutzvisiere aus transparentem Kunststoff werden im medizinischen Bereich als zusätzlicher Spritz-Schutz bei Operationen oder zahnmedizinischen Eingriffen eingesetzt. In den einschlägigen Empfehlungen der Behörden zu COVID-19 finden Sie derzeit keine Erwähnung. Dennoch können Sie in der Ärzteschaft als ergänzende Schutzmaßnahme zu den medizinischen MNS- bzw. FFP-Masken in Erwägung gezogen werden, als solche werden sie z.B. auch in den DEGAM-Benefits der vergangen Wochen empfohlen. Immer mehr fachfremde Unternehmen und auch Privatpersonen, die im Besitz von 3D-Druckern sind, beteiligen sich zur Zeit an der Produktion solcher Schutzvisiere, um den Gesundheitssektor (oft regional) zu unterstützen. Vorlagen für 3D-Drucker und für weitere handgemachte Visiere findet man mittlerweile zahleiche im Internet.

Mangel an Schutzmasken

Durch die Österreichische Regierung wurde sie bereits am 1. April 2020 eingeführt, in Deutschland könnte sie im Zuge der angedachten Lockerungen der Schutzmaßnahmen ebenfalls anstehen - die Maskenpflicht. Das Hauptproblem: Die Schutzausrüstung ist in Zeiten der Pandemie bekannterweise ein sehr knappes Gut. Der Mangel an Schutzmasken und -kleidung betrifft nicht nur die Versorgung von COVID-19-(Verdachts)Patienten, sondern auch die Regelversorgung in Kliniken und Praxen. Vor einer generelle Maskenpflicht wird daher von offizieller Seite von verschiedenen Ärzteverbänden gewarnt, da sie den Mangel an Schutzausrüstung dort, wo sie am meisten gebraucht werden, noch weiter befeuern würde. Schutzmasken sollten für den medizinischen Gebrauch primär den Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeheimen vorbehalten sein. Zumindest während der herrschenden Versorgungsengpässe dürfen professionelle Atemschutzmasken dem Markt nicht entzogen werden und sollten dem medizinischen Personal vorbehalten sein.

Sind „Community-Masken“ eine Alternative?

Darüber hinaus wird das Tragen selbstgefertigter Masken für den privaten Alltag aber mittlerweile als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme begrüßt, um die weitere Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen [3]. Diese Einschätzung zeichnet sich nach und nach bei vielen Experten ab. Auch auf den Seiten der Deutschen Lungenstiftung e.V. liest man, dass, um die Viruslast zu minimieren, am besten jeder beim Sprechen einen Mundschutz tragen sollte – das könne auch ein selbstgenähter Mundschutz sein.

Personen, die solche Masken tragen möchten, sollten unbedingt einige Regeln beachten. Hierauf weist auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hin und warnte davor, dass das Tragen von Masken ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln und dazu führen könnten, dass andere sehr wichtige Hygienemaßnahmen wie das Händewaschen vernachlässigt werden könnten. Letzteres ist vor allem auch beim An- und Ablegen einer jeden Maske wichtig und es ist zu berücksichtigen, dass auch die Außenfläche der Maske potentiell erregerhaltig ist. Die Maske muss richtig über Mund, Nase und Wangen platziert sein und an den Rändern möglichst eng anliegen, um das Eindringen von Luft an den Seiten zu minimieren. Ebenso ist trotz Maske der empfohlene Sicherheitsabstand von mind. 1,5m einzuhalten. Nach dem Ablegen der Maske sollte diese direkt entsorgt werden oder im Falle der selbstgenähten Baumwollmasken bei 60 bis 95°C gewaschen und anschließend vollständig getrocknet werden oder bis dahin in einem Beutel luftdicht verschlossen werden. Eine durchfeuchtet Maske sollte sofort getauscht werden. [2]

Noch keine belegbare Studie zur Filterfunktion

Bis heute (Stand: 14.4.2020) gibt es leider noch keine belastbaren wissenschaftlichen Belege für das Tragen von medizinischen Gesichtsmasken oder Baumwollmasken durch Passanten im öffentlichen Raum zum Schutz vor SARS-CoV-2. Erste Untersuchungen geben Hinweise, jedoch sind die Fallzahlen noch viel zu gering, um aussagekräftige Schlüsse zu ziehen. Die erste bekannt gewordene Untersuchung hierzu wurde am Asan Medical Center in Seoul durchgeführt [4], allerdings an nur vier COVID-19-Patienten. Diese wurden angewiesen, jeweils ohne Maske, mit medizinischer Gesichtsmaske und Baumwollmaske in eine 20cm entfernte Petrischale zu husten. Nach Auswertung der Viruslast auf den Petrischalen sowie den Außen- und den Innenseiten der Masken konnte keine der beiden untersuchten Masken SARS-CoV-2 ausreichend filtern. Erstaunlicherweise wurde aber eine höhere Viruslast auf der Außenfläche der Masken im Vergleich zu der Innenfläche nachgewiesen. Die Autoren vermuten, dass dies auf aerodynamische Eigenschaften zurückzuführen sein könnte, durch die ein turbulenter Hustenstrahl um den Maskenrand herum die Außenfläche kontaminiert. Auch ein Durchdringen der Maske von kleinen Aerosolen des Virus durch hohe Geschwindigkeiten halten sie für möglich. Trotz der Einschränkung der Untersuchung (n=4) verdeutlicht dies, wie wichtig es ist, sich auch beim Tragen einer Maske die Hände zu waschen und das Gesicht nicht zu berühren.

Aktuelle Leopoldina-Empfehlungen

Am 13. März 2020 veröffentlichte die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, ihre Ad-hoc-Stellungnahme „Coronavirus-Pandemie – Die Krise nachhaltig überwinden“ [5], an der sich voraussichtlich auch die Regierungsempfehlungen zu den weiteren Maßnahmen orientieren wird. In der Stellungnahme ist das Tragen eines – jedoch nicht näher beschriebenen – Mund-Nasen-Schutzes als eine der Voraussetzungen aufgeführt, um das öffentliche Leben schrittweise zu normalisieren. So heißt es hier: „Das Tragen von Mund-Nasen-Schutz sollte als zusätzliche Maßnahme in bestimmten Bereichen wie dem öffentlichen Personenverkehr Pflicht werden.“ Sollte diese Empfehlung von der Bundesregierung übernommen werden, kann es sich aufgrund der aktuellen Knappheit an chirurgischen und FFP-Masken allerdings bei der in der breiten Bevölkerung verwendeten Mund-Nasen-Schutze bis auf Weiteres nur um die oben erwähnten „Community-Masken“ handeln.

Wiederaufbereitung von Masken in Ausnahmefällen

Um die Lieferengpässe zu überbrücken, wurde am 31. März 2020 ein Lösungsansatz vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium für Gesundheit vorgeschlagen: Ein neuartiges Wiederverwendungsverfahren, durch das in Ausnahmefällen Atemschutzmasken maximal dreimal durch ein Erhitzungsverfahren und unter Einhaltung besonderer Sicherheitsauflagen wiederaufbereitet werden können [6]. Das Verfahren zur Wiederverwendung von Schutzmasken in Einrichtungen des Gesundheitswesens wurde unter Einbeziehung des Robert Koch-Instituts (RKI), des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA) entwickelt. Das neue Verfahren erfolgt demnach durch das ordnungsgemäße Personifizieren, Sammeln und Dekontaminieren der Masken durch Erhitzen. Es könne in Ausnahmefällen, wenn nicht ausreichend persönliche Schutzausrüstung vorhanden ist, in den Einrichtungen des Gesundheitswesens mit vorhandenen Mitteln kurzfristig umgesetzt werden, ohne das Schutzniveau zu senken. In der Kurzform lauten die Empfehlungen:


Masken chinesischer Herkunft dürfen bei Importen aktuell den größten Mengenanteil ausmachen. Sie fallen unter die Nummer 2 und können unter den genannten Bedingungen wiederaufgearbeitet werden.

Die Ausführlichen Hinweise des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und dem Bundesministeriums für Gesundheit lesen Sie hier

Weitere wichtige Maßnahmen, die bei einer Wiederverwendung von Schutzmasken zu beachten sind, hat das RKI hier zusammengestellt

Literatur
1. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachangestellten (AWMF): Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene": AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/032; Leitlinie zur Hygiene in Klinik und Praxis. Hygieneanforderungen bei ausgewählten respiratorisch übertragbaren Infektions-Erkrankungen (aerogen und Tröpfchen).
2. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Empfehlungen des BfArM zur Verwendung von Masken
3. Pressemitteilung des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) vom 1. April 2020
4. Bae S et al., Effectiveness of Surgical and Cotton Masks in Blocking SARS–CoV-2: A Controlled Comparison in 4 Patients, Ann Intern Med. 2020; DOI: 10.7326/M20-1342
5. Leopoldina, Nationalen Akademie der Wissenschaften: Dritte Ad-hoc-Stellungnahme "Coronavirus-Pandemie – Die Krise nachhaltig überwinden", veröffentlicht am 13. März 2020
6. Vorlage für den Krisenstab der Bundesregierung vom 31.3.2020; Einsatz von Schutzmasken in Einrichtungen des Gesundheitswesens
7. Robert-Koch-Institut: Mögliche Maßnahmen zum ressourcenschonenden Einsatz von Mund-Nasen-Schutz (MNS) und FFP-Masken in Einrichtungen des Gesundheitswesens bei Lieferengpässen im Zusammenhang mit der neuartigen Coronavirus-Erkrankung COVID-19


Autorin:
Yvonne Emard


Stand der Informationen: 14. April 2020

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (8) Seite 63-65
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.