75 % der Rheumapatienten wird eine sinnvolle Maßnahme vorenthalten
Physikalische Medizin dient nicht nur der Schmerzreduktion und dem Erhalt der Gelenkfunktion, sie sichert Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auch die Teilnahme am sozialen Leben. Die Verordnungszahlen allerdings nannte Professor Dr. Uwe Lange von der Justus-Liebig-Universität Gießen, Campus Kerckhoff, enttäuschend.
Im Jahr 2014 erhielt nur jeder vierte Betroffene eine Physiotherapie und nur jeder 20. eine Ergotherapie bzw. ein Rheumafunktionstraining. Das geht aus den aktuellsten Daten der Kerndokumentation der AG Regionaler Kooperativer Rheumazentren zur ambulanten Verordnung hervor.
Zwischen 41 und 61 % der Patienten mit fortgeschrittenen Funktionseinschränkungen einer Psoriasis-Arthritis, rheumatoiden Arthritis (RA) oder eines Morbus Bechterew entgeht die Physiotherapie. „Für mich ist das beschämend“, so der Kollege. Obwohl Ärzte seit Dezember 2012 extrabudgetär rezeptieren dürfen und können, ohne dass ein Regress droht, haben sich die Zahlen bei RA und Bechterew in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert.
Auch der Hausarzt kann diese Interventionen verordnen
Verglichen mit früheren Daten ging die dokumentierte Verordnungsfrequenz sogar deutlich zurück. Natürlich müsse man mögliche Dokumentationslücken bei der Interpretation berücksichtigen, räumte Prof. Lange ein. Das sei aber keine Entschuldigung für derart niedrige Zahlen.
Der Rheumatologe würde sich wünschen, dass die Therapietreue, die bei vielen herrscht, als Treue auf physikalische Maßnahmen überschlägt. Denn „wir enthalten unseren Patienten wirklich etwas Sinnvolles vor“. Insbesondere Ergotherapie und Funktionstraining scheinen fast gar keine Rolle zu spielen. Dabei kann jeder Kollege entsprechende Interventionen verordnen – auch der Hausarzt.
Quelle: 13. Rheumatologie-Update-Seminar