Achtung, hier spricht der Polizeiarzt!
Heute Büro, morgen Training mit der alpinen Einsatztruppe, nächste Woche Großeinsatz – das Arbeitsleben von Dr. Bernhard Hoffmann, dem Leiter des Ärztlichen Diensts der Bayerischen Polizei, wird nicht langweilig. Medical Tribune gewährte der Kollege einen kleinen Einblick in den Polizeiarzt-Alltag.
Was unterscheidet Polizeiärzte von anderen Medizinern?
Dr. Hoffmann: Die meisten Ärzte arbeiten in der Klinik bzw. Praxis. Manche sind ausschließlich Betriebsarzt oder Gutachter. Als Polizeiarzt hat man die Chance, viele Tätigkeiten zu kombinieren. Dazu kommen die Aufgaben bei polizeilichen Großeinsätzen.
Sind Sie Polizist?
Dr. Hoffmann: Nein, aber wir haben Mitarbeiter, die ausgebildete Polizisten sind. Sie werden berufsbegleitend zu Rettungssanitätern ausgebildet. Sie unterstützen uns Ärzte oder übernehmen Einsätze, wenn kein Arzt anwesend sein muss. Da es ausgebildete Polizisten sind, können sie uns in schwierigen Situationen auch absichern.
Wie sehen die Aufgaben im Einzelnen aus?
Dr. Hoffmann: Man kann sich den Ärztlichen Dienst als einen Arbeitsplatz mit Ambulanz bzw. Allgemeinarztpraxis an den Standorten der Bereitschaftspolizei vorstellen. Während der Ausbildung der Beamten und während sie den Einsatzhundertschaften angehören, werden sie von uns komplett hausärztlich betreut. Zudem beurteilen wir, ob Bewerber für den Polizeidienst gesundheitlich geeignet sind.
Für alle Mitarbeiter der Behörde übernehmen wir die Aufgaben der Betriebsmedizin. Dies bedeutet u.a., die Arbeitsplatzsicherheit von Hubschrauberpiloten, Polizeitauchern oder Streifenbeamten zu beurteilen und zum Beispiel potenziellen Hörschäden durch Schiesstraining vorzubeugen. Nach Krankheit oder Unfällen beurteilen wir, ob Betroffene wieder in den aktiven Dienst zurückkehren können oder ob dafür Arbeitsplätze oder Tätigkeiten angepasst werden müssen.
Wir bilden unsere Sanitäter fort und koordinieren das erweiterte Erste-Hilfe-Training aller Polizisten, das z.B. Schuss- oder Explosionsverletzungen mit einschließt. Könnte eine Übung für die Teilnehmer gefährlich werden, z.B. das Abseilen aus einem Hubschrauber oder das Gebirgstraining, stellen wir den Sanitätsdienst vor Ort. Manchmal üben wir auch mit, wenn es für unsere Teilnahme an Polizeigroßeinsätzen relevant ist.
Polizeigroßeinsätze – das klingt gefährlich.
Dr. Hoffmann: Das kommt darauf an. Zunächst wird mit der Polizei-Einsatzleitung abgestimmt, ob und wie viel medizinisches Personal nötig ist. Wir sind nicht automatisch bei jeder Demo mit vor Ort. Bei mehrtägigen Einsätzen sind wir sowohl in unserer Funktion als Hausärzte als auch notfallmedizinisch tätig. Um bei allen Eventualitäten helfen zu können, haben wir jeweils im Vorfeld Material und Medikamente zusammengestellt.
Sie sind also manchmal Arzt und Apotheker?
Dr. Hoffmann: In gewisser Hinsicht, ja. Im Einsatz können unsere Patienten ja nicht einfach weggehen, um sich in der nächsten Apotheke ein Nasenspray oder Schmerztabletten zu kaufen. In unserer Zentrale haben wir eine eigene Apotheke mit pharmazeutischen Fachkräften.
Wird es denn bei den Einsätzen für Sie manchmal brenzlig?
Dr. Hoffmann: Natürlich, das kann passieren. Gewaltbereite machen mittlerweile sogar vor medizinischem Personal nicht halt. Das bekommen auch die Kollegen von den öffentlichen Rettungsdiensten zu spüren. Als beispielsweise in Frankfurt die neue EZB eröffnet wurde, haben Demonstranten versucht, an einem unserer Rettungswagen einen Brandsatz anzubringen. Die Sanitätsbeamten mussten aussteigen und einschreiten. Wir Ärzte sind auf den ersten Blick manchmal gar nicht so leicht von den Vollzugsbeamten zu unterscheiden: In potenziell gefährlichen Situationen tragen wir wie die Polizisten auch den dunkelblauen Einsatzanzug samt Protektoren – allerdings mit der Aufschrift „Arzt“. In der Regel haben wir aber die Einsatzkräfte bei uns, das gibt zusätzlich Sicherheit.
Quelle: Medical-Tribune-Interview