Wenn Altbewährtes nicht mehr wirkt Aktuelles zum Umgang mit antibiotikaresistenten Bakterien

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Antibiotikaresistenzen beeinflussen nicht die Wirkung von Desinfektionsmitteln. Antibiotikaresistenzen beeinflussen nicht die Wirkung von Desinfektionsmitteln. © Robert Poorten – stock.adobe.com

Im Kampf gegen multiresistente Erreger sind neue Antibiotika zugelassen worden. Aber ist das Problem damit gelöst? Und wie gut wirken eigentlich Desinfektionsmittel? Ein Überblick über die aktuelle Situation mit den Problemkeimen.

Bakterielle (Multi-)Resistenzen werden durch verschiedene Mechanismen vermittelt. Zwei davon bereiten Probleme: Eines ist das vermehrte Auftreten von Erregern mit natürlicher Widerstandsfähigkeit gegen bestimmte Antibiotikaklassen, z. B. bei Enterococcus faecium. Das andere: Erreger können neue Resistenzen erwerben und sich ausbreiten.

Epidemiologisch lässt sich zwischen 2018 und 2022 ein Rückgang von MRSA in Deutschland und Europa beobachten, schreibt Prof. Dr. Winfried Kern vom Universitätsklinikum Freiburg. Gleichzeitig ist es insgesamt zu einem leichten Anstieg der Vancomycinresistenz unter Enterokokken gekommen, allerdings nicht hierzulande. Der Anteil gramnegativer Bakterien, die nicht mehr auf Carbapeneme ansprechen, hat stark zugenommen, v. a. bei Klebsiellen und Acinetobacter baumannii. Die Fluorchinolon-Resistenz hingegen ist bei vielen gramnegativen Spezies seltener geworden.

Für Serin-Betalaktamasen gibt es mehrere Inhibitoren

Bei den Carbapenemasen werden mehrere Typen unterschieden mit Konsequenzen für die Entwicklung wirksamer Therapeutika. Differenziert wird zwischen Metallo- und Serin-Betalaktamasen. Für Erstere gibt es bisher keinen Inhibitor, für Letztere schon mehrere. In Deutschland kommen unter den Klebsiellen am häufigsten Carbapenemasen vom Typ OXA-48 vor. Diese lassen sich u. a. durch Avibactam hemmen.

Neuere Antibiotika mit Wirkung gegen carbapenemresistente gramnegative Bakterien sind Ceftazidim/Avibactam und Cefiderocol. Vor kurzem sind auch die Kombinationen aus Aztreonam und Avibactam sowie Cefepim und Enmetazobactam zugelassen worden. Diese verbessern die Behandlungsmöglichkeiten, aber der verantwortungsbewusste und kontrollierte Einsatz bleibt unerlässlich, betonen Dr. Niels Pfennigwerth und Prof. Dr. Sören Gatermann von der Ruhr-Universität Bochum. Schließlich zählen die neuen Antibiotika zu den Betalaktamen, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich auch gegen diese Wirkstoffe Resistenzen entwickeln werden.

Angesichts der vielfachen und oft multiplen bakteriellen Resistenzen gegen Antibiotika stellt sich die Frage, ob Desinfektionsmittel noch einen ausreichenden Effekt erzielen. Bei zugelassenen und auf dem Markt verfügbaren Produkten kann man in der Regel davon ausgehen, so Prof. Dr. Johannes Knobloch und Birte Knobling vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Kritisch wird es eventuell, wenn die Chemikalien in nicht ausreichender Konzentration angewendet werden. Dadurch kann sich die Empfindlichkeit der Erreger mindern.

Resistenzmechanismen gegenüber Antibiotika haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln. Aber eine Permeabilitätsänderung bakterieller Zellen kann das Ansprechen auf Desinfektionsmittel und Antibiotika vermindern. Wenn eine Desinfektion misslingt, stecken meist Anwendungsfehler (z. B. eine unzureichende Vorreinigung, eine unvollständige Benetzung oder eine zu geringe Einwirkzeit) dahinter. Zu beachten ist auch, dass der Begriff „Resistenz“ für Desinfektionsmittel noch nicht eindeutig definiert ist.

Quellen: 
1. Kern WV. Dtsch Med Wochenschr 2024: 1133-1142; doi: 10.1055/a-2258-1412
2. Pfennigwerth N, Gatermann S. Dtsch Med Wochenschr 2024, 1149-1150; doi: 10.1055/a-2283-6807
3. Knobloch J, Knobling B. Dtsch Med Wochenschr 2024, 1151-1157; doi: 10.1055/a-2250-0901