Prostatabiopsie Alles hat seine Zeit
Die gängigen Programme zur Prostatakrebs-Früherkennung führen bekanntlich zu einer großen Zahl an Überdiagnosen. Mit einer neuen Strategie ließe sich dieses Risiko deutlich senken, schreiben Wissenschaftler um Prof. Dr. Jonas Hugosson, Universität Göteborg.
Das Team hatte bei 17.980 Männern im Alter zwischen 50 und 60 Jahren einen PSA-Test durchgeführt. Bei Werten von ≥ 3 ng/ml schloss sich eine MRT der Prostata an. Per Zufallsprinzip wurden die Männer anschließend in zwei Gruppen aufgeteilt. Ein Drittel (5.994 Teilnehmer) bildete die Referenzgruppe, bei der ungezielt zwölf Gewebeproben aus unterschiedlichen Bereichen der Prostata genommen wurden. Bei auffälligem MRT-Befund wurden vier einzelne Proben aus den veränderten Organbereichen entnommen. Die übrigen 11.986 Männer bildeten die Experimentalgruppe, bei der nur bei entsprechendem MRT-Befund Biopsate gewonnen wurden, und zwar ausschließlich aus den auffälligen Regionen der Vorsteherdrüse.
Primärer Endpunkt der Studie war klinisch unbedeutender Prostatakrebs, definiert als Tumor mit dem Gleason-Score 3+3 oder niedriger. Als sekundären Endpunkt setzten die Wissenschaftler den Gleason-Score 4+3 oder höher fest. Solche Punktwerte charakterisieren ein Prostatakarzinom als klinisch relevant und damit als behandlungsbedürftig.
Die Wahrscheinlichkeit, einen klinisch unbedeutenden Tumor zu finden, lag in der experimentellen Gruppe mit einem relativen Risiko (RR) von 0,46 nur etwa halb so hoch, berichten die Wissenschaftler. Von den 11.986 Männern dieser Gruppe erhielten lediglich 66 (0,6 %) die Diagnose klinisch unbedeutender Prostatakrebs, in der Referenzgruppe waren es 72 von 5.994 (1,2 %).
Bei 110 Männern aus der Experimental- und 68 aus der Referenzgruppe (0,9 % vs. 1,1 %; RR 0,81) wurde ein behandlungsbedürftiger Tumor diagnostiziert. Klinisch relevante Karzinome ließen sich demnach mit beiden Strategien ähnlich gut aufspüren (RR 0,81).
Quelle: Hugosson J et al. N Engl J Med 2022; 387: 2126-2137; DOI: 10.1056/NEJMoa2209454