Immunologische Erkrankungen Antikörper im Blick behalten in der Gastroenterologie

Autor: Alexandra Simbrich

Serologische Tests eignen sich in der Gastroenterologie zur Differenzialdiagnose vielerlei Erkrankungen. Serologische Tests eignen sich in der Gastroenterologie zur Differenzialdiagnose vielerlei Erkrankungen. © ag visuell – stock.adobe.com

Bei der Differenzialdiagnose immunologischer Erkrankungen spielt die Autoimmundiagnostik auch in der Gastroenterologie und Hepatologie häufig eine wesentliche Rolle. Bei welchen Erkrankungen dies der Fall ist, haben Kollegen aus Hamburg zusammengefasst.

Die Kombination aus Immunfluoreszenz-Technik (IFT) als Screeningverfahren und ELISA*-Test ist oft essenziell, um eine Erkrankung möglichst genau klassifizieren und die Prognose abschätzen bzw. die Therapie einleiten zu können, erklären Dr. ­Christina ­Weiler-­Normann vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Kollegen. Beide Verfahren sind bereits Bestandteil der Autoimmundiagnostik einiger gastroenterologischer und hepatischer Erkrankungen (s. Tabelle).

Wann lohnt die Autoimmundiagnostik?
Speiseröhre

Pemphigus vulgaris

paraneoplastischer Pemphigus

systemische Sklerose

progressive (diffuse) systemische SkleroseMagennatrophische Gastritis

Dünndarmn Zöliakie
Dickdarmn

Colitis ulcerosa

Morbus Crohn

Pankreas

autoimmune Pankreatitis vom Subtyp I bzw. II

autoimmun sklerosierende Cholangitis

Leber

primär biliäre Cholangitis (PBC)

autoimmune Hepatitis (AIH)

primär sklerosierende Cholangitis

Bei manchen Systemerkrankungen kann es zu einer Mitbeteiligung der Speiseröhre kommen, die oft durch Schluckbeschwerden charakterisiert ist. Beim Pemphigus vulgaris, einer schweren blasenbildenden Autoimmundermatose, finden sich typischerweise Antikörper gegen Desmoglein 1 und Desmoglein 3, die durch einen ELISA-Test oder alternativ durch eine IFT-Untersuchung nachgewiesen werden können. Die Diagnose eines para­neoplastischen Pemphigus kann durch die Bestimmung von Envoplakin-Antikörpern mittels ELISA gesichert werden. Auch eine systemische Sklerose kann zu Schluckstörungen führen und lässt sich serologisch nachweisen: Es liegen Antikörper gegen das Zielantigen Centromer-B vor, die mittels IFT oder ELISA-Test nachgewiesen werden können. Im Falle einer Ösophagusbeteiligung bei progressiver (diffuser) systemischer Sklerose lassen sich in der IFT häufig antinukleäre Antikörper (ANA) und in der ELISA-Diagnostik Antikörper gegen Scl-70 bestimmen.

Autoantikörper gegen Parietalzellen nachweisbar

Gut serologisch sichern kann man auch die atrophische Gastritis: Bei 96 % der Patienten, die in der Folge eine perniziöse An­ämie entwickeln, können mittels IFT Autoantikörper gegen Parietalzellen (PCA) und/oder den Intrinsic Factor nachgewiesen werden, wobei Antikörper ausschließlich gegen den Intrinsic Factor bzw. PCA in 30 % bzw. 13 % der Fälle vorliegen. Werden Antikörper gegen den Intrinsic Factor nachgewiesen, sollte aufgrund deren hoher Spezifität für die perniziöse Anämie unbedingt eine weitere Diagnostik erfolgen, betonen die Autoren.

Auch bei der Zöliakie ist die Antikörperbestimmung von hoher Relevanz: Häufig kommt es zur Bildung von Transglutaminase-Antikörpern, die durch ELISA bestimmt und mittels IFT bestätigt werden können. Am zuverlässigsten zeigen Transglut­aminase-Antikörper vom Typ IgA an, ob eine Zöliakie vorliegt. Daher sollte immer eine Bestimmung des Gesamt-IgA erfolgen. Um eine Zöliakie durch Antikörperdiagnostik nachweisen zu können, ist es unabdingbar, dass der Patient glutenhaltige Kost zu sich nimmt. Ist die Diagnose gestellt, ermöglichen die Transglutaminase-Antikörper ein nicht-invasives Therapiemonitoring, da sie unter streng glutenfreier Diät zurückgehen.

Auch zur Unterscheidung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa (CU) kann die Antikörperdiagnostik hilfreich sein: Während durch IFT bei bis zu 65 % der Patienten mit CU perinukleäre antineutrophile zytoplasmatische Antikörper (pANCA) gegen verschiedene Zielantigene gefunden werden, finden sich diese Antikörper bei M. Crohn in weniger als jedem zehnten Fall. Stattdessen bildet ein Großteil der Crohnpatienten Antikörper gegen Saccharomyces cerevisiae (ASCA). Häufig werden beide Antikörper gemeinsam bestimmt: An den Konstellationen ANCA+/ASCA- und ANCA-/ASCA+ lässt sich gut festmachen, welche der beiden CED vorliegt.

Bei Erkrankungen des Pankreas spielt die Antikörperdiagnostik zwar noch keine zentrale Rolle, kann jedoch hilfreich bei der Unterscheidung der Subtypen der autoimmunen Pankreatitis sein: Während sich beim Subtyp II häufig Autoantikörper gegen Carboanhydrase II oder Lactoferrin finden lassen, sind beim Subtyp I vermehrt IgG4-Antikörper nachweisbar. 

Eine bedeutende Rolle spielt die Autoimmundiagnostik bei einigen Lebererkrankungen: So lassen sich bei der primär biliären Cholangitis (PBC) und der Autoimmunhepatitis (AIH) Antikörper finden, deren Nachweis gar Bestandteil der leitliniengerechten Diagnostik ist: Bei PBC kann man Antikörper gegen Mitochondrien (AMA, AC-21) in der IFT nachweisen. Bei der AIH hingegen finden sich typische Muster von Antikörpern gegen Zellkerne (ANA), glatte Muskulatur (SMA) und Leber-Niere-Mikrosomen (LKM), deren Erkennung ein geschultes Auge erfordert, so die Autoren. 

Die AIH lässt sich in zwei Typen einteilen

Anhand der nachgewiesenen Antikörper lässt sich die AIH zudem in Typ I (ANA-, SMA- und/oder SLA/LP-Antikörper) und Typ II (LKM-Antikörper) einteilen. Bei der primär sklerosierenden Cholangitis erfolgt noch keine routinemäßige Antikörperbestimmung, zukünftig könnten jedoch Antikörper gegen GP2 eine Rolle spielen.

* Enzyme-Linked Immunosorbent Assay

Quelle: Weiler-Normann C et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 223-229; DOI: 10.1055/a-1842-6282