Lumbaler Rückenschmerz Auch Bauch- und Beckenorgane können Beschwerden im unteren Rücken auslösen

Autor: Dr. Andrea Wülker

Zunächst muss herausgefunden werden, was der Grund für die Schmerzen im Rücken ist. Zunächst muss herausgefunden werden, was der Grund für die Schmerzen im Rücken ist. © iStock/PeopleImages

Bei Menschen über 60 Jahren sind Rückenschmerzen häufig - und meist unspezifischer Natur. Wie man diese angeht und wann man diagnostisch nach einer spezifischen Ursache suchen muss haben Experten zusammengestellt.

Wenn sich ältere Patienten mit Problemen im unteren Rücken vorstellen, sollte zunächst eine gezielte Anamnese und die körperliche Untersuchung erfolgen. In vielen Fällen kann man auf eine weitergehende Untersuchung verzichten, schreibt ein Team um Dr. ­Adrian ­Traeger von der Universität ­Sydney. 

Die sofortige Bildgebung ist allerdings angezeigt, wenn Verdacht auf folgende Krankheitsbilder besteht:

  • Cauda-equina-­Syndrom 
  • instabile Wirbelfraktur mit neurologischen Auffälligkeiten
  • rupturiertes abdominales Aorten­aneurysma

Wird eine vertebrale Infektion, eine metastasierende Erkrankung bei Patienten mit hohem Krebsrisiko, eine akute Wirbelfraktur oder ein Pankreaskarzinom vermutet, sollte ebenfalls eine bildgebende Untersuchung erfolgen. In allen anderen Situationen kann man zunächst darauf verzichten und einen Behandlungsversuch starten, meinen Dr. ­Traeger und Kollegen.

Spezifische Ursachen für Lumbalgien bei Älteren

Ursache für spezifischen Rückenschmerz

Wichtigste Symptome

Cauda-equina-Syndrom

neu aufgetretene Störung der Blasen- oder Darmkontrolle, perineales Taubheitsgefühl, andere neurologische Symptome

Wirbelfraktur

akuter Schmerz nach Bagatelltrauma, Osteoporose

zentrale Lumbalkanalstenose

bilaterale Schmerzen, ausstrahlend in Gesäß, Oberschenkel und Beine mit schmerzbedingtem Hinken; Symptome lassen sich durch Stehen und Gehen provozieren; Sitzen oder Beugen nach vorne bringen Linderung

Malignom

bilaterale Schmerzen, ausstrahlend in Gesäß, Oberschenkel und Beine mit schmerzbedingtem Hinken; Symptome lassen sich durch Stehen und Gehen provozieren; Sitzen oder Beugen nach vorne bringen Linderung

intraabdominale Pathologie
(Bauchaortenaneurysma, Cholezystitis)

akute Rückenschmerzen

Infektion (epiduraler Abszess, vertebrale Osteo­myelitis etc.)

oft allgemeines Krankheitsgefühl mit oder ohne Fieber; Zusammenhang zu Immunsuppression, Sepsis, Injektionen an die Nervenwurzeln etc.

Denn in den meisten Fällen handelt es sich beim lumbalen Rückenschmerz auch bei über 60-Jährigen um unspezifische Rückenschmerzen. Hier ist es wichtig, dass der Arzt seinem Patienten erklärt, dass die Beschwerden wahrscheinlich von einer Störung an Muskeln, Gelenken oder Bändern ausgehen. Kranke mit rezidivierender Symptomatik, bei denen weder eine ma­ligne Erkrankung noch Hinweise auf spezifische Ursachen oder relevante Befunde in der früheren Bildgebung vorliegen, müssen wissen, dass weitere Untersuchungen wohl keinen Einfluss auf die Behandlung haben werden. Man vereinbart am besten, dass sich der Patient bei fortbestehender Symptomatik erneut in der Praxis vorstellt.

Bei leichten bis moderaten subakuten Schmerzen, die seit weniger als sechs Wochen bestehen, können Wärmepackungen, strukturierte Übungsprogramme und – je nach Vorerkrankungen und sofern nicht kontraindiziert – der kurzzeitige Einsatz von Medikamenten wie ­NSAR helfen. Wichtig ist der Hinweis zu gastrointestinalen Nebenwirkungen und die Empfehlung, die Arzneimittel zu den Mahlzeiten einzunehmen. Falls erforderlich, kann ein Protonenpumpeninhibitor verordnet werden.

Schweren akuten Schmerzen lässt sich, zusätzlich zu den Wärmepackungen und ergänzend zu angemessener Bewegung, mit antiinflammatorisch wirkenden Substanzen oder mit Opioiden begegnen. Möglicherweise sind aber auch diese Medikamente nur von begrenztem Nutzen, schränken die Experten ein. 

Geringe Dosis über möglichst kurzen Zeitraum verschreiben

In jedem Fall sollten die Arzneimittel in der geringsten noch wirksamen Dosis und über einen möglichst kurzen Zeitraum verschrieben werden. Im Gespräch zwischen Arzt und Patient müssen unbedingt die möglichen Nebenwirkungen angesprochen werden. Klagt der Patient über chronische Schmerzen im Lendenbereich und bringt keine der beschriebenen Maßnahmen den gewünschten Erfolg, sollte man eine multidisziplinäre Rehabilitation in Erwägung ziehen.

Quelle: Traeger AC et al. BMJ 2022; 376: e066928; DOI: 10.1136/bmj-2021-066928