Rausch der Tiefe Bei vielen Tauchtouristen mangelt es an Vorbereitung und Wissen
Fast drei Viertel der Taucher in Deutschland gehen ihrem Hobby nur auf Reisen nach. In den letzten zwei bis drei Jahren waren die allermeisten Tauchtouristen aufgrund der Pandemie nicht mehr unter Wasser, warnte Tanja Bayer, Expeditionsärztin sowie Reise- und Tauchmedizinerin aus Frankfurt. Es gibt daher schon vorab einige Fehlerquellen. Die wenigsten nehmen, bevor sie wieder die Pressluftflaschen anlegen, an den Auffrischkursen der Tauchverbände teil, so die Erfahrung der Tauchmedizinerin. Auch an der allgemeinen körperlichen Fitness, die für den sicheren Aufenthalt unter Wasser vonnöten ist, fehlt es allzu oft.
Ein weiteres Thema ist der Zustand der Ausrüstung. Viele Taucher haben kein eigenes Gerät und leihen sich meist das Benötigte vor Ort. Und das geliehene Material ist nach drei Jahren mit pandemiebedingt eingeschränktem Tourismus möglicherweise nicht optimal gewartet und mitunter in einem eher schlechten Zustand.
Eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung nach SARS-CoV-2-Infektion unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Untersuchung nach anderen respiratorischen Erkrankungen, stellte die Referentin klar. Nach schwerer Erkrankung insbesondere mit Beteiligung der Lunge, nach einem Klinikaufenthalt wegen Corona oder bei Restsymptomen etwa im Zuge von Long COVID rät Tauchmedizinerin Bayer den Hobbytauchern zu großer Vorsicht und verweist auf die Empfehlungen etwa des VDST*. Gegebenenfalls sind dann erweiterte Untersuchungen erforderlich.
Nicht direkt nach der Ankunft lostauchen
Man kann beim Tauchgang selbst, davor und danach viel falsch machen, meinte die Kollegin. Am besten geht man nicht gleich am ersten Tag unter Wasser, sondern legt zunächst einen oder zwei Ruhetage ein, um eine flugbedingte Dehydrierung und einen eventuellen Jetlag ausgleichen zu können. Dehydrierungen drohen den Tauchern auch bei Reisedurchfall oder Seekrankheit.
In die Sauna oder unter eine heiße Dusche sollte man sich nach dem Tauchen erst nach mindestens 1–1,5 h begeben. Denn durch die Wärme kann es zur unkontrollierten Abgabe der Stickstoffbläschen kommen, die sich während des Tauchens im Gewebe ablagern, und damit zu Symptomen der Dekompressionskrankheit, erklärte die Expertin. Vibrationen kurz nach dem Tauchen, etwa bei Fahrten im Zodiac (Schlauchboot mit Außenbordmotor), haben möglicherweise einen ähnlich schädlichen Effekt.
Mit sonstigen sportlichen Aktivitäten sollte man nach dem Tauchen drei Stunden oder länger warten. Am besten ist es laut Tanja Bayer, von vornherein Tage für das Fitnessprogramm einzuplanen und andere Tage ausschließlich für den Unterwassersport vorzusehen. Problematisch sind auch Berg- und Seilbahntouren unmittelbar nach einem Tauchgang. Denn aufgrund des niedrigeren Luftdrucks in größerer Höhe kann es auch dann zur Dekompressionskrankheit kommen.
Vor der Heimreise ein bis zwei Ruhetage einlegen
Hinsichtlich der Rückreise gab die Tauchmedizinerin die Empfehlung, nur komplett „entsättigt“ ins Flugzeug zu steigen. Das heißt, dass man nach einem einzelnen Tauchgang im besten Fall erst 12 h später an Bord geht, nach multiplen Tauchgängen und Dekompressionstauchgängen erst nach 24 h.
Durch ein Positionspapier verschiedener europäischer Fachgesellschaften gibt es für Menschen mit persistierendem Foramen ovale (PFO) gewissermaßen eine neue Wahrheit, so die Kollegin. Demnach ist ein primäres PFO-Screening bei Tauchern nicht angebracht. Auch das generelle Tauch- und Flugverbot nach PFO-Nachweis ist vom Tisch, riskante Tauchgänge sollten die Betroffenen dennoch unterlassen. Einen Verschluss sollte der Arzt erst dann empfehlen, wenn sich eine Dekompressionskrankheit nicht durch ein geändertes Tauchverhalten oder eine andere Tauchtechnik verhindern lässt.
* Verband Deutscher Sporttaucher
24. Forum Reisen und Gesundheit