Gastrointestinale Beschwerden Der gute Fruchtzucker auf der Probe

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Die zunehmende industrielle Verwendung von Fruktose hat Folgen für die Gesundheit. Die zunehmende industrielle Verwendung von Fruktose hat Folgen für die Gesundheit. © Iulian - stock.adobe.com

Im Kampf gegen Adipositas setzte man lange Zeit auf fettreduzierte Kost. Die ungünstige Folge: Fett wurde quasi durch Zucker ersetzt. Dabei ist vor allem Fruktose weniger harmlos, als viele denken.

Die Lebensmittelindustrie setzt inzwischen immer weniger Haushaltszucker und mehr Fruchtzucker ein. Dieser süßt wesentlich stärker und lässt sich obendrein billig aus Mais statt Rüben gewinnen. Besonders häufig verwendet werden Glukose-Fruktose-Mischungen, erklären Dr. Bettina Jagemann, Ökotrophologin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Christiane Schäfer, Ernährungsberaterin in Schwarzenbek. 

Die zunehmende industrielle Verwendung von Fruktose hat ungeahnte Folgen: Der Fruchtzucker spielt möglicherweise eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Gesundheitsstörungen wie gastrointestinale Beschwerden, Hypertonie und Typ-2-Diabetes. Allerdings bleibt unklar, ob der Genuss nur im Zusammenhang mit einer gastrointestinaler Überlastung bzw. einer hyperkalorischen Ernährung schädlich ist oder generell reduziert werden sollte, räumen die Autorinnen ein.

GLUT-5-Transporter mit eingeschränkter Kapazität

Fruktose wird hauptsächlich im oberen Jejunum aufgenommen. Der dafür genutzte GLUT-5-Transporter besitzt eine begrenzte Aufnahmekapazität. Aufgrund der eingeschränkten Resorbierbarkeit kann generell von einer „physiologischen Kohlenhydratmalabsorption“ ausgegangen werden. Diese darf aber nicht mit der pathologischen Form verwechselt werden. Zudem scheint die Aufnahmekapazität für Fruktose variabel zu sein: In Anwesenheit von Sorbit wird sie verringert, durch L-Alanin, L-Glutamin und L-Prolin erhöht.

Noch nicht eindeutig belegt ist der Einfluss des Fruchtzuckers auf intestinale Entzündungen. Die Ergebnisse von Interventionsstudien sprechen aber für einen Zusammenhang. Zur Wirkung exzessiven Konsums unabhängig von der Energiezufuhr gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Einzelne Konsumenten könnten jedoch gefährdet werden, was bei Rezepturen berücksichtigt werden sollte, so die Verfasserinnen.

Ein Zusammenhang mit dem Fruktoseverzehr wird auch für die MASLD gesehen. Für die reine Steatose gelten Veränderungen im Lebensstil als die effektivste, wenn nicht sogar einzige Therapiemöglichkeit. Meist besteht zusätzlich zur MASLD eine zentrale Adipositas, auch Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen werden vermehrt beobachtet. Deshalb spricht man heute von einer hepatologischen Manifestation des metabolischen Syndroms, was auch zur Namensänderung in MASLD führte. Ein Zusammenhang mit hyperkalorischer Ernährung liegt nahe, kann aber nicht eindeutig von der Wirkung einzelner Komponenten wie Fruktose differenziert werden. 

In der Therapie der Kohlenhydratmalabsorption setzte man bisher auf Karenz – zu Unrecht. Weder eine fruktosefreie Kost noch der Verzicht auf Obstsorten ist zu verantworten, betonen die Ernährungsexpertinnen. Betroffenen mit gastrointestinalen Beschwerden sollte der Verzehr von frischem Gemüse empfohlen werden. Das gilt besonders beim Verdacht auf eine Fruktosemalabsorption oder Fettlebererkrankung. 

Verarbeitete Fruchtprodukte werden kritisch gesehen

Die Ballaststoffquelle fördert die gastrointestinale Gasevakuation und mindert die Energiezufuhr. Verarbeitete Fruchtprodukte sehen die Autorinnen hinsichtlich Intoleranzen kritisch. Von Fruchtsäften und Smoothies raten sie ab, eine tägliche Obstmahlzeit ist erlaubt. Verarbeitete Lebensmittel haben den Nachteil, dass ihre Fruktosebelastung oft nur schwer einzuschätzen ist. Zuckerreduzierte Varianten enthalten vielfach mehr Zuckeralkohole und Süßstoffe, die selbst Darmbeschwerden auslösen können.

Quelle: Jagemann B, Schäfer C. Ernährungs Umschau 2024; 71: M462-474; DOI: 10.4455/eu.2024.028