Der Teufelskreis aus Unterzucker und Vergessen
Typ-2-Diabetiker haben ein 50 % höheres Risiko, an Demenz zu erkranken als Nichtdiabetiker. Vermutlich sind dafür atherosklerotische Prozesse und mikrovaskuläre Pathologien verantwortlich. Potenziell führen schwere Hypoglykämien zu neuronaler Apoptose und erhöhen die Plättchenaggregation sowie die Fibrinogenbildung, was wiederum vaskuläre Komplikationen zur Folge haben kann.
Experten fordern Screening nach kognitiven Störungen
Bei Diabetes Typ 1 sind die Zusammenhänge mit Demenzerkrankungen noch unklar. Ein erniedrigter Vitamin-B12-Spiegel könnte jedoch eine Rolle spielen. Dieser sollte deshalb bei einer Langzeittherapie mit Metformin unbedingt überwacht werden.
Ältere Typ-2-Diabetiker ohne Demenz weisen Studien zufolge ebenfalls gehäuft eine verminderte Kognition aufgrund hirnorganischer Veränderungen (beispielsweise eine Hirnatrophie oder subklinische Infarkte) auf, ähnlich wie sie in frühen Alzheimerstadien beobachtet werden. Dennoch wird im Praxisalltag viel zu selten auf demenzielle Symptome geachtet, bemängelt Professor Dr. Ulrich Keller von der FMH Endokrinologie-Diabetologie Praxis Endonet, Basel.
Da eine demenzielle Entwicklung die Diabeteseinstellung negativ beeinflussen kann und dadurch wiederum der Progress der Demenz begünstigt wird, fordern Experten bei älteren Patienten mit einem Typ-2-Diabetes ein generelles Screening nach kognitiven Störungen. Denn bei Zuckerkranken mit demenziellen Symptomen muss die Therapie individuell angepasst werden (siehe Tabelle) und Hypoglykämien müssen unter allen Umständen vermieden werden.
Diabetesmanagement bei Dementen | |
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Verhaltensänderungen | Strategie |
Vergesslichkeit |
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Problemlösungen sind erschwert |
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Dabei gilt es, den folgenden Teufelskreis zu durchbrechen: Einerseits verschlechtern akute Hypoglykämien zunehmend die kognitiven Fähigkeiten von Typ-2-Diabetikern, andererseits wiederum ist bei einer kognitiven Störung gleichzeitig auch die Wahrscheinlichkeit für schwere Hypoglykämien erhöht.
Angehörige oder Betreuende in die Behandlung involvieren
Das Ziel der individuellen Behandlung ist es, eine bestmögliche glykämische Kontrolle zu erreichen und gleichzeitig Hypoglykämien zu vermeiden, fasst der Facharzt für Endokrinologie und Diabetologie zusammen. Angehörige oder betreuende Personen in die Behandlung zu involvieren, kann dabei seiner Erfahrung nach sehr hilfreich sein.
Quelle: Keller U. Therapeut Umschau 2017; 74: 454-461