Fehlermeldesystem Ein Fehler ist einer zu viel
Der professionelle Umgang mit Risiken, Gefahren, Fehlern und Beinahe-Zwischenfällen im Krankenhaus, das ist seit vielen Jahren die Welt von Dr. Maria Ines Cartes, die in Hannover die Stabsstelle für Prozess- und Patientensicherheit leitet. „Wir sind für das Wohlergehen unserer Patienten verantwortlich“, sagt sie, „deshalb sollten wir bei immer knapper werdenden finanziellen und personellen Ressourcen im deutschen Gesundheitswesen ganz besonders auf innovative Managementmethoden setzen.“
Genau dort setzte die Ärztin mit ihrem Team vor Jahren an. Basis war diese Erkenntnis: Das Critical Incident Reporting System (CIRS) zeigt, dass ein eingesetztes Berichtssystem zwar kritische Ereignisse im Routinehandeln aufdecken kann. Für die methodische und strukturierte Bearbeitung, Analyse und Behebung der Risiken ist dieses Instrument jedoch weniger geeignet – vor allem wenn es um das Aufdecken komplexer Fehlerketten oder organisatorischer Mängel geht.
Meldesystem für Beinahe-Zwischenfälle
Die Lösung musste also weitergreifen, als ein schlichtes Meldesystem. So etablierte die MHH im Jahr 2000 das Berichtssystem, das 2008 als 3Be-System für Beinahe-Zwischenfälle bekannt wurde. Zwölf Jahre später folgte PORA (prozessorientierte Risikoanalyse). Es diente dazu, die Transparenz eines fehlerhaften Prozesses oder eines Patientenablaufes aufzudecken. „PORA ist eine schrittweise strukturierte Technik“, erklärt Dr. Cartes. „Ihr Ziel ist es, die Ursachen fehlerhafter Prozesse zu finden und das prozessorientierte abteilungsübergreifende Denken eines Teams zu fördern.“ Involviert waren Ärzte, Führungskräfte, Pfleger – alle Mitarbeitenden. Nur eines gab es im ersten Wurf noch nicht: Die Einbeziehung der Patienten. „Das wollten wir unbedingt verbessern“, so Dr. Cartes.
Vor kurzem wurde das geändert. „Patienten, Angehörige oder Besucher können jetzt in einem vertraulichen Rahmen über Sicherheitsbedenken, Fehler, Risiken oder Vorfälle im Zusammenhang mit der Behandlung berichten“, erläutert Dr. Cartes. Bei dem externen Berichtssystem für mehr Patientensicherheit, intern „EBmP“ genannt, können Betroffene mit ihrem Smartphone oder einem Tablet einen QR-Code scannen und so ein Berichtsformular öffnen.
Wer etwas meldet, entscheidet, ob alles vertraulich behandelt werden soll – auch ob man eine Antwort erhalten möchte. „Die MHH will mit dem neuen Berichtssystem ihren Patienten eine Stimme für mehr Patientensicherheit geben“, betont Dr. Cartes. Dafür wurde nicht nur die Methodik in der MHH entwickelt, sondern auch die Programmierung vorgenommen.
Etablierung auch abhängig vom Verhalten der Patienten
Seit Mitte September wird das innovative Projekt ausgerollt. „Es wird gerade in einer kleinen internen Gruppe getestet und bald in die Pilotierung gehen. Die eigene Programmierung sowie die Patientensicherheits-Expertise ermöglichten es, dieses mit wenig Aufwand und Kosten zu entwickeln und zu implementieren“, so Dr. Cartes. Sie hofft sehr, dass die Patienten diesen Mehrwert zu schätzen wissen. „Die Etablierung ist natürlich abhängig von den Ergebnissen der Pilotierung und dem Verhalten der Patienten, Angehörigen und Besucher.“
In knapp einem Jahr wissen dann alle mehr: Die Ergebnisse und Erfahrungswerte werden bei der 18. Tagung für Patientensicherheit am 12. September 2024 vorgestellt.
Quelle: Medical Tribune-Kooperation – 1 A Pharma
Die Nominierte
Dr. Maria Ines Cartes ist Ärztin im Krankenhausmanagement und seit über 25 Jahren im Bereich Qualitäts-, Risikomanagement und Patientensicherheit verantwortlich tätig. Sie leitet an der Medizinischen Hochschule Hannover die Stabsstelle Prozess- und Patientensicherheit. Dr. Cartes entwickelte das 3Be-System sowie die PORA-Analyse und hat inzwischen über 200 Patientensicherheitsbeauftragte an der MHH ausgebildet.