
Neues vom Berufsasthma Eine inhalative Provokation will gut überlegt sein

Die Abklärung eines berufsbedingten Asthmas folgt einem relativ simplen diagnostischen Algorithmus, der mit der arbeitsplatzbezogenen Anamnese beginnt. Bewährt hat sich dabei die Frage: „Ist Ihr Asthma besser, wenn Sie weg von der Arbeit sind?“ Diese Formulierung sei deutlich sensitiver als nachzuhaken, ob die Symptome bei der Arbeit schlimmer werden, so die Erfahrung von Prof. Dr. Dennis Nowak, Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München. Bei positiver Anamnese sollte großzügig eine Verdachtsmeldung erfolgen.
Während das Verfahren anläuft, sollte man die Zeit für zwei Metacholinprovokationen nutzen, um die unspezifische bronchiale Hyperreaktivität zu überprüfen: die erste am Ende einer Arbeitswoche nach einer 14-tägigen relevanten Exposition, die zweite nach mindestens 14 Tagen ohne Exposition. „Nutzen Sie dieses diagnostische Fenster. Denn wenn jemand erst mal ein Jahr krankgeschrieben und raus aus dem Job ist, haben Sie nie wieder die Chance“, riet der Referent.
Lungenfunktionsmessung am Arbeitsplatz anstreben
Kommen beide Tests zum selben Ergebnis, ist ein Arbeitsplatzbezug unwahrscheinlich. Andernfalls schließen sich serielle Lungenfunktionsmessungen mit und ohne Arbeitsplatzexposition an. Sind diese Befunde eindeutig pathologisch oder nicht pathologisch, ist die Sache eigentlich bereits jetzt klar, so Prof. Nowak. Doch was macht man, wenn sich z. B. eine Peak-Flow-Messung am Arbeitsplatz nicht durchführen lässt?
Dann kommt ein spezifischer Provokationstest ins Spiel. „Die entscheidende geistige Leistung dabei ist die Indikationsstellung“, so der Referent. Gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten müsse besprochen werden, ob das Erzwingen einer Diagnose eine Konsequenz hat oder nur dazu dient, die Akte zu schließen. Denn jede Provokation sei mit einer gewissen Gefährdung verbunden. „Wenn ein Patient seine Umschulung bereits selber in die Hand genommen hat und jetzt besser verdient als vorher, braucht man nichts zu tun.“ Auch bei CAP-Klasse 4, Obstruktion unter Arbeitsbedingungen und normaler Lungenfunktion an arbeitsfreien Tagen ist eine Provokation unnötig.
Entschließt man sich zu einem arbeitsplatzbezogenen Inhalationstest, so ist dieser gemäß Leitlinie nach wie vor ambulant in einer allergologisch erfahrenen Praxis durchführbar, betonte der Referent. Dabei solle man einen Tag für Voruntersuchungen (z. B. Lungenfunktionsmessung, Spiroergometrie, Metacholinprovokation) und gemeinsame Indikationsstellung reservieren. An Tag 2 exponiert man morgens mit einer Kontrollsubstanz, eine Stunde später mit Verum, flankiert von wiederholten Lungenfunktionstestungen ggf. inklusive FeNo-Messung. Ist am Nachmittag alles okay, darf die Patientin bzw. der Patient nach Hause.
Aktualisierte Empfehlungen für die Begutachtung
Hilfe bei der Begutachtung und Einschätzung der MdE* bietet die Reichenhaller Empfehlung. In der gerade aktualisierten Version sind u. a. typische Expositionen und berufsbedingte Krankheitsbilder präzisiert worden. Für die Diagnostik gibt es neue Referenzwerte, was Auswirkungen auf die MdE haben kann. Ansonsten haben Spiroergometrie, Funktionstestungen am Arbeitsplatz und die FeNo-Messung einen höheren Stellenwert bekommen. Eingehend erörtert wird z. B. auch, welche Medikamente während der Begutachtung erlaubt sind und welche nicht.
* Minderung der Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
Bei instabilem Asthma einen weiteren Testtag einplanen
Bei uneindeutigem Testergebnis empfiehlt Prof. Nowak nach 24 Stunden eine erneute Lungenfunktionsprüfung und den Vergleich mit den Werten von Tag 1. Ein FeNo-Anstieg um 15 ppb und eine Zunahme der Metacholinempfindlichkeit um den Faktor 2–3 bestärken die Diagnose. Bei instabilem Asthma kann ein weiterer Tag veranschlagt werden, um die Exposition mit der Kontrolle und der aktiven Substanz zeitlich zu trennen.
Quelle: Kongressbericht 15. Allergologie-Update-Seminar