EHRA 2024 Einsatz des Wearable Cardioverter Defibrillator in der klinischen Praxis
Das Risiko, an einem SCD zu versterben, ist unmittelbar nach Myokardinfarkt und bei Patienten mit der Erstdiagnose einer Herzinsuffizienz bei gleichzeitig reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF) ≤ 35 %, signifikant erhöht.3–5 Diese Tatsache wurde auch von den Experten im Rahmen der Symposien betont. Die leitliniengerechte medikamentöse Therapie (Guideline Directed Medical Therapy/GDMT) mit einer Kombination aus RASBlockern, MRA’s, Betablockern und SGLT2-Inhibitoren – den sogenannten fantastischen Vier – kann zur Reduktion der Sterblichkeit durch Herzinsuffizienz beitragen. In den aktuellen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) wird empfohlen, die klinische Entscheidung für eine ICD-Implantation (implantierbarer Kardioverter-Defibrillator) erst dann zu treffen, wenn die optimierte medikamentöse Therapie (OMT) drei Monate andauert und die LVEF immer noch ≤ 35 % ist.3,5 Der Grund für diese Wartezeit liegt darin, dass die Hochtitrierung von Medikamenten gegen Herzinsuffizienz auf die OMT und das kardiale Remodelling mehrere Monate dauern kann. Während dieser Zeit ist der Patient aufgrund der eingeschränkten Herzfunktion einem erhöhten Risiko für einen Herzinfarkt ausgesetzt. Nach der aktuellen ESC-Leitlinie kann der WCD – mit einer Klasse IIb B-Empfehlung – Patienten vorübergehend und nicht-invasiv wirksam vor einem tödlichen Herzinfarkt schützen.3,5
Das SCD-Risiko nicht unterschätzen
PD Dr. Carsten Israel, Chefarzt am Klinikum Bethel in Bielefeld, betont in seinem Vortrag den Fortschritt bei der Behandlung von Herzinsuffizienz, der durch die fantastischen Vier in den letzten Jahren erreicht wurde: „Wenn alle vier Medikamente, welche für die Indikation Herzinsuffizienz zugelassen sind, gegeben werden, wird die Gesamtsterblichkeit um 61 % reduziert“, erklärt er anhand von Studiendaten aus dem Jahr 2022.6 Jedoch warnt er davor, das SCD-Risiko in der akuten Phase zu unterschätzen. Die GDMT führt zu einem kumulativen Effekt, was die medikamentöse Therapie hochwirksam macht, jedoch zeigt sich ein kompetitiver Zusammenhang: Je besser die Komedikation bei Herzinsuffizienz, desto unwahrscheinlicher ist der Tod aufgrund des Fortschreitens der Herzinsuffizienz und desto höher ist das relative Risiko eines SCD.7,8 Der SCD spielt also nach wie vor eine ernstzunehmende Rolle. Zusätzlich dauert die Einstellung der optimalen medikamentösen Therapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz mindestens drei bis sechs Monate. Prof. Goldenberg verdeutlicht dies am Beispiel der Betablocker: Diese zeigen eine langfristige Reduktion der kardiovaskulären Mortalität, allerdings haben Patienten in der frühen Phase – typischerweise während der ersten drei Monaten nach der Erstdiagnose Herzinsuffizienz – ein erhöhtes Risiko, am Plötzlichen Herztod zu versterben.2,9 „Die Defibrillatorweste kann in dieser Phase als Primärprävention dienen“, so Prof. Goldenberg.
Patientenschulung als wichtige Voraussetzung für Therapieadhärenz
Ein wichtiges Fazit aus der VEST-Studie ist, dass die Weste nur dann schützen kann, wenn sie getragen wird. In VEST wurden Patienten mit akutem Myokardinfarkt und einer LVEF ≤ 35% eingeschlossen und untersucht, ob das Tragen der Defibrillatorweste während der Hochrisikophase zu einer Verringerung der SCD-Rate führen würde. Dabei ergab sich mit einem Median von 18,0 Stunden pro Tag (Interquartilsbereich: 3,8 bis 22,7) eine insgesamt geringe Tragezeit in der Studienpopulation.10 Verschiedene internationale Registerstudien zeigen jedoch, dass in der alltäglichen Praxis eine Tragezeit von deutlich über 20 Stunden beobachtet wird.11–14 Dies demonstrierte auch eine Per-Protocol-Analyse der VEST-Daten, die eine durchschnittliche Tragezeit von mehr als 22 Stunden pro Tag bei den Patienten aufzeigte. In dieser Population wurde eine statistisch signifikante Reduktion der SCD-Rate um 62 % beobachtet.15 Basierend auf diesen Ergebnissen betont sowohl Prof. Goldenberg als auch PD Dr. Alexander Breitenstein, leitender Arzt der Klinik für Kardiologie am Universitätsspital Zürich, die Wichtigkeit einer guten Patientenschulung bei der Verschreibung der LifeVest®.
Die Defibrillatorweste bietet jedoch noch mehr als nur den Schutz vor Plötzlichem Herztod. Besonders bei Patienten mit Herzinsuffizienz erlaubt die Funktion des Telemonitorings ein effizientes SCD-Risikomanagement. Der WCD bietet eine Vielzahl von Monitoringmöglichkeiten: Mit dem ZOLL Patient Management (ZPM) Network können zum Beispiel verschiedene Parameter wie Tragezeit, Herzfrequenz und rhythmische Auffälligkeiten, Körperposition und körperliche Aktivität aufgezeichnet und diese optional bei der Therapieoptimierung genutzt werden.
Orientierung an den Leitlinien
Eine detaillierte Analyse des individuellen Patientenrisikos wird mit Blick auf die ESC-Leitlinien zur Behandlung der akuten und chronischen Herzinsuffizienz von 2021 sowie zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen und zur Prävention des Plötzlichen Herztodes von 2022 durch Breitenstein hervorgehoben: Der Schutz des Patienten steht im Mittelpunkt, doch die IIb- Empfehlungen zur Verwendung eines WCD für eine bestimmte Zeit bei Patienten mit Herzinsuffizienz bzw. in der Frühphase nach einem Myokardinfarkt lassen Interpretationsspielraum.3,5 Damit übereinstimmend, empfiehlt auch Prof. David Duncker, Leiter des Hannover Herzrhythmus Centrums an der Medizinischen Hochschule Hannover, daher, den Patienten individuell zu betrachten, um einzuschätzen, wie sich dessen Herzfunktion verbessern kann, denn auch eine Verlängerung des WCD-Einsatzes über drei Monate hinaus hat Vorteile.16,17 „Das belegen auch Erkenntnisse aus der kürzlich im European Heart Journal veröffentlichten HF-OPT-Studie, welche an 68 internationalen Studienzentren durchgeführt wurde“, so Duncker.18
Die durchschnittliche LVEF verbesserte sich nach 90 Tagen von anfangs 23 % auf 34 %. Nach 90 Tagen hatten 46 % der Patienten eine LVEF > 35 %. Zudem konnte sich die Pumpfunktion während des Follow-Ups bis Tag 360 weiter verbessern, sodass 77 % der Patienten nach 360 Tagen eine LVEF ≥ 35 % entwickelten.18 „Bei den Patienten, die ein derartiges Verbesserungspotenzial der LVEF zeigen, kann eine ICD-Implantation ggf. vermieden werden, da das Erholungspotenzial des Herzens nach 90 Tagen noch nicht abgeschlossen ist“, verdeutlicht Duncker.18 Die LifeVest® bietet den Patienten also nicht nur temporären Schutz, sondern ermöglicht dem Herzen eine Erholungsphase und gibt der medikamentösen Therapie Zeit, ihre volle Wirkung zu entfalten. „Zu betonen ist, dass die Defibrillatorweste kein Ersatz für ein implantierbares Device ist. Sie dient vielmehr als „Bridge to decision“, fasst Duncker zusammen.
Quelle: Pressemitteilung Asahi Kasei Europe GmbH
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