Manifestationen bei Rheuma Gefahr für Rhythmus und Gefäße

Autor: Dr. Sonja Kempinski

Rheumatische Erkrankungen erhöhen das Risiko für Erkrankungen von Herz und Gefäßen. Rheumatische Erkrankungen erhöhen das Risiko für Erkrankungen von Herz und Gefäßen. © SciePro – stock.adobe.com

Sie begünstigen venöse Thromboembolien und verschlechtern das Outcome beim akuten Koronarsyndrom: Entzündlich-rheumatische Erkrankungen haben einen großen Einfluss auf Herz und Gefäße. Mit welchen Manifestationen man rechnen muss, hat ein Experte zusammengefasst. 

Entzündungsvorgänge spielen sowohl bei der rheumatoiden Arthritis (RA) als auch für die Arteriosklerose eine entscheidende Rolle. Deshalb sind kardiale Manifestationen bzw. Komorbiditäten im Rahmen einer RA häufig. Schon in der Frühphase weisen RA-Patienten ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko auf – und zwar unabhängig von anderen kardialen Risikofaktoren. So betrug in einer schwedischen Studie die Hazard Ratio (HR) für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Patienten mit früher RA 1,73 im Vergleich zu gematchten Kontrollen, berichtete der in Münchener niedergelassene Rheumatologe Prof. Dr. Klaus ­Krüger. Lag neben der RA ein weiterer kardiovaskulärer Risikofaktor vor, stieg sie auf 2,70 (Kontrolle: HR 1,26), bei drei Risikofaktoren auf 6,32 (Kontrolle: HR 3,77)

Reduzieren lässt sich das kardio­vaskuläre Risiko in der Frühphase der RA durch eine gute Krankheitseinstellung, wie eine holländische Studie belegt. RA-Patienten mit KHK profitieren zudem deutlich von einer intensiven kardiologischen Mitbetreuung, betonte Prof. Krüger. Letzteres zeigt retrospektiv eine Untersuchung mit 399 Betroffenen. Bei Patienten, die regelmäßig kardio­logisch untersucht wurden, traten seltener kardiale Folgeereignisse inklusive Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz und Schlaganfälle auf. 

Kommt es bei RA-Patienten jedoch zu einem akuten Koronarsyndrom, muss man von einem schlechteren Outcome im Vergleich zur Normalbevölkerung ausgehen. Das zeigte sich eindrücklich in einer Kohorte von 1,6 Mio US-amerikanischen Versicherten. 60.072 von ihnen hatten eine entzündlich-rheumatische Erkrankung (IMID), die meisten eine RA (46.747). Während des Follow-ups von median zwei Jahren kam es in der Gruppe der IMID-Patienten zu signifikant mehr Todesfällen (HR 1,15). Außerdem hatten IMID-Patienten ein erhöhtes Risiko für Herzinsuffizienz und Re-Infarkte (HR 1,12 und HR 1,08). Die Gefahr für einen Schlaganfall war bei ihnen in dieser Studie dagegen nicht erhöht.

RA-Patienten mit VHF zu selten antikoaguliert

Auch Vorhofflimmern (VHF) kann durch eine RA begünstigt werden. In der SURF-RA*-Erhebung wurden zwischen 2014 und 2019 die Daten von 7.665 Patienten aus 19 Ländern in puncto kardiovaskulärer Risikofaktoren erfasst. 288 der Teilnehmer wiesen VHF auf. Das entspricht einer Rate 3,8 % und liegt damit 30 % über der Rate in der Normalbevölkerung, unterstrich Prof. Krüger. Ein wichtiger Nebenbefund dieser Studie: Von den 88,5 % der RA-Patienten mit VHF, bei denen eine dringliche Indikation dazu bestand, erhielten nur zwei Drittel tatsächlich eine Antikoagulation. 

Hinzu kommt, dass bei RA-Patien­ten die Ablation von VHF weniger erfolgreich abläuft als in der Allgemeinbevölkerung. Als Beleg diente Prof. Krüger eine Fall-Kontrollstudie der Mayo-Klinik. Diese verglich das Outcome des Eingriffs bei jeweils 45 VHF-Patienten mit und ohne RA. In den Monaten vier bis zwölf nach Ablation kam es in der RA-Gruppe signifikant häufiger zu Arrhythmierezidiven (44 % vs. 18 %). Außerdem benötigten diese Patienten öfter Antiarrhythmika, und ihre Rate an Reinterventionen war höher (24 % vs. 9 % bzw. 13 % vs. 2 %). Als Rezidivprädiktoren identifizierte man die Höhe von CRP und BSG, die Antirheumatika spielten dagegen keine Rolle. Hieraus geht hervor, dass bei RA-Patienten vor einer Ablation die Krankheitsaktivität bestmöglich kontrolliert sein sollte, forderte der Rheumatologe.

Das Risiko für venöse thrombortische Ereignisse (VTE) hängt ebenfalls eng mit der Krankheitsaktivität zusammen. Wie sich DMARD-Therapien darauf auswirken, hat eine schwedische Arbeitsgruppe ermittelt. In ihre Kohorte schlossen sie alle Patienten ein, bei denen zwischen 2010 und 2020 eine Therapie mit Biologika bzw. JAK-Inhibitoren (JAKi) begonnen wurde (n=32.737). Insgesamt traten 559 VTE-Ereignisse neu auf, woraus die Forscher eine Rate von 5,86 VTE-Ereignissen pro 1.000 Patientenjahren berechneten (Normalbevölkerung 3,28). Wurden als Biologika TNF-Inhibitoren eingesetzt, lag die Rate pro 1.000 Patientenjahre bei 5,15. Für JAKi ergab sich ein Wert von 11,33. 

In der Gegenüberstellung von JAK- und TNF-Inhibitoren zeigte sich für Patienten unter JAKi für VTE eine Rate von 1,73. Bezüglich pulmonaler Embolien lag diese bei 3,21 und für tiefe Beinvenenthrombosen bei 0,83. Damit wurde erstmals außerhalb klinischer Studien über eine erhöhte VTE-Rate für JAKi berichtet, erklärte Prof. Krüger. Allerdings berücksich­tigte die Studie nicht, ob die Patienten unter JAK-Inhibition womöglich eine ungünstigere Ausgangssituation bezüglich VTE aufgewiesen hatten. Das wäre eine Erklärung dafür, dass in anderen Real-Life-Auswertungen – z.B. des RABBIT-Registers – JAKi das VTE-Risiko bisher nicht erhöht haben.

* Survey of cardiovascular risk faktors in patients with RA

Quelle: Kongressbericht 18. Rheumatologie-Update-Seminar