Mammakarzinom In manchen Fällen reicht nach brusterhaltender Therapie eine endokrine Behandlung
Um das Rückfallrisiko zu senken, wird nach der Entfernung eines Mammakarzinoms mit brusterhaltender Therapie routinemäßig eine nachfolgende Bestrahlung durchgeführt. Sind die Erkrankten jedoch älter und weisen sie einen frühen, HR+ Tumor auf, kann man gegebenenfalls auf eine Radiatio verzichten – die Evidenzlage dazu ist jedoch schwach. Die Fünf-Jahres-Ergebnisse der PRIME-II-Studie hatten darauf hingewiesen, dass eine Bestrahlung zusätzlich zur endokrinen Therapie das Risiko für Lokalrezidive in dieser Patientinnengruppe senkt. Eingeschlossen waren Frauen ≥ 65 Jahre mit HR+ T1- oder T2-Primärtumoren ohne Lymphknotenbeteiligung, die sich einer brusterhaltenden Behandlung plus endokriner Therapie unterzogen hatten. Das Team um Prof. Dr. Ian H. Kunkler, University von Edinburgh, präsentierte nun das Update nach zehn Jahren.
Die Phase-3-Studie umfasste 1.326 Patientinnen, die randomisiert bestrahlt wurden (40–50 Gy) – oder nicht. Primärer Endpunkt war die lokale Rückfallrate, sekundäre Endpunkte umfassten u.a. regionäre Rezidive, kontralateralen Brustkrebs, Fernmetastasen und OS.
Auf die Bestrahlung verzichten?
Nach einem medianen Follow-up von 9,1 Jahren betrug die kumulative Inzidenz eines lokalen Rezidivs innerhalb von zehn Jahren in der Gruppe ohne Radiatio 9,5 % und 0,9 % unter den zusätzlich bestrahlten Teilnehmerinnen (HR 10,4, 95%-KI 4,1–26,1, p < 0,001). Die Rate an Fernmetastasen ähnelte sich mit 1,6 % vs. 3 %. Auch das OS nach zehn Jahren unterschied sich mit 80,8 % vs. 80,7 % kaum, ebenso das brustkrebsspezifische Überleben.
Aufgrund der ähnlichen OS-Raten und dem nicht allzu großen Unterschied in Bezug auf lokale Rezidive von 8,6 Prozentpunkten könnte der Erfolg der Strahlentherapie in dieser Altersgruppe eventuell überschätzt sein, meinen die Autor:innen. Insgesamt untermauere die Studie bereits vorliegende Daten und Leitlinienempfehlungen, die es in bestimmten Fällen ermöglichen, auf die Bestrahlung und die damit verbundenen Risiken in der frühen Therapiesituation zu verzichten.
Quelle:
Kunkler IH et al. N Engl J Med 2023; 388: 585-94; DOI: 10.1056/NEJMoa2207586